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In die Aufgaben des Vorstandsvorsitzenden ist Friedrich Schophaus »hineingewachsen«, wie er selbst sagt. Ein Vierteljahr, bevor er 1994 sein Amt antrat, wohnte der Theologe bereits vor Ort und war als Hospitant in verschiedenen Einrichtungen zu Gast. »Bethel kannte ich bis zu diesem Zeitpunkt mehr von außen.« Diese Wochen in den Einrichtungen haben ihm viel bedeutet.
»Mit der Größe Bethels besteht die Gefahr, dass es zu einer Distanz kommt. Da heißt es aufpassen.« Friedrich Schophaus ist ansprechbar geblieben für alle, er setzt auf Kollegialität - im Vorstand wie auch in den Teilbereichen. »Ich kann nicht alles wissen, ich muss nicht alles wissen, und ich will auch nicht alles wissen«, sagt er klar. Von strenger Hierarchie hält er nichts.
Der Vorstandsvorsitzende von Bethel ist Repräsentant und Manager gleichermaßen. Die Materie sei komplizierter geworden, findet Schophaus, Wirtschaftlichkeit ist eine wichtige Maxime - neben diakonischem Handeln. Speziell das Krankenhaus - mittlerweile sind Gilead, Mara und das Ev. Johanneskrankenhaus zum »Evangelischen Krankenhaus« zusammengegangen - ist heute Wirtschaftsbetrieb, in dem mit spitzem Stift gerechnet werden muss.
Ein Gutteil dieser Entwicklung hat der Theologe Friedrich Schophaus selbst miterlebt. Das Stichwort »hineinwachsen« fällt erneut. Und trotz aller wirtschaftlichen Zwänge und Unwägbarkeiten sieht er Möglichkeiten, dass die von Bodelschwinghschen Anstalten ihrem Anspruch gerecht werden - als Lobby und Anwalt der Schwachen, als Plattform für ein weitgehend selbstbestimmtes Leben der behinderten und bedürftigen Menschen.
Das, was Bethel bietet, ist vielfältiger geworden, wie Schophaus befriedigt feststellt. »Es wird immer Menschen geben, für die eine Einrichtung als behüteter Rahmen das Richtige ist. Es gibt aber ganz viele, die ganz oder teilweise eigenständig leben können.« Das Kultur- und Begegnungszentrum »Neue Schmiede« an der Handwerkerstraße hält er für gelungen. Eine anfängliche Skepsis ist der Freude über einen lebendigen Treffpunkt gewichen. Hier kommen Behinderte und Nichtbehinderte zusammen, treffen Bethel-Bewohner auf Menschen aus anderen Stadtteilen. Pläne, den Bethelplatz am Assapheum neu zu gestalten, wurden erst einmal auf Eis gelegt. Eine Renovierung ist finanzierbar, ein kompletter Umbau käme zu teuer. Einen Bereich, der in den vergangenen Jahren gewachsen ist, stellt das Hospiz dar. Nicht nur in Bethel, auch in Berlin und Dortmund haben die von Bodelschwinghschen Anstalten solche Häuser geschaffen, an der Einrichtung in Leipzig und Syke (Kinderhospiz) sind sie beteiligt. Auf diesem Gebiet ist diakonisches Engagement möglich - und gefordert.
Junge Leute an die Berufsfelder heranzuführen, ihr Interesse zu wecken für eine berufliche Perspektive, sei ganz wichtig. Zunehmend setzen die Anstalten auf das »Betheljahr«. Blieben früher immer wieder Zivildienstleistende in einem sozialen Beruf hängen, so haben heute auch junge Frauen Gelegenheit, mehr Innenansichten zu erhalten. 125 Plätze wurden dafür eingerichtet, Betreuung und Begleitung sind selbstverständlich. »Das ist eine Chance für junge Menschen.«
Beim Blick in die Zukunft wünscht sich Friedrich Schophaus vor allen Dingen, dass das Geschaffene weiter entwickelt wird. Dezentralisierung bleibt eine wichtige Aufgabe. Für die Mitarbeiter sei es eine spannende Aufgabe mit einem Budget zu arbeiten. »Auch dies ist ein Plus für mehr Selbstbestimmung.« Und in einem ist sich Schophaus ganz sicher: »Die sozialpolitische Situation bleibt spannend.«

Artikel vom 19.02.2005