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Jürgen Klopp hat
in Mainz das
Lachen verlernt

Schunkelverbot am Bruchweg

Bielefeld (WB/tip). Ausgelacht: Dem selbst ernannten Karnevalsverein FSV Mainz 05 ist in der Fußball-Bundesliga der Spaß vergangen -Êund das nicht erst seit Aschermittwoch. Seit nunmehr sieben Spieltagen gibt es für den FSV Mainz schon regelmäßig einen auf die Narrenmütze. In der Punkte-Not setzt Trainer-Newcomer Jürgen Klopp auch nicht mehr Pfadfinder-Spielchen in Skandinavien.
Der Star ist der Trainer:
Jürgen Klopp.

Was vor der Saison noch groß im Gespräch war, ist vor dem Duell gegen den DSC Arminia Bielefeld (Samstag, 15.30 Uhr), der seit einigen Wochen den Titel des »besten Aufsteiger des Jahres« übernommen hat, vollends aus der Mode gekommen. Jürgen Klopp, Verfechter der Spaßmentalität, greift in bester Retro-Manier zu Sprüchen, die schon seine Trainerväter in vergleichbaren Situationen bemüht haben -Êmit zweifelhaftem Erfolg: »Es geht ums Überleben. Aber wir geben nicht kampflos auf. Wir müssen wieder alte Mainzer Tugenden, Einsatz, Kampf und Laufbereitschaft, auf den Platz bringen«, sagt der 37-Jährige.
Derweil ruft Manager Christian Heidel die Fans auf, bei der Anfeuerung noch »eine Schippe draufzulegen«. Von einem »Schunkelverbot« will der 41-Jährige jedoch nichts wissen. »Aber ein kräftiges 'Mainz 05' hilft in kritischen Phasen mehr als jeder Fastnachtshit«, sagt Heidel, der wie Klopp die Mainzer für erprobt im Abstiegskampf hält. »Damit haben wir in der 2. Liga Erfahrung gesammelt.«
Das aber ist lange her: Vor dem Aufstieg machten die »Meenzer« eher Schlagzeilen als ständiger Vierter. Drei Mal in Folge verpassten sie die Beförderung knapp, ehe der Sprung ins Oberhaus gelang. Abstiegsängste besiegten Klopp -Êdamals vom verletzten Spieler zum Trainer befördert - und seine jetzigen Jungs letztmals in der Saison 2000/2001. Damals rettete sich Mainz als 14. nur haarscharf vor der Regionalliga. Von den Torschützen dieser Saison stehen mit Michael Thurk, Jürgen Kramny und Christof Babatz tatsächlich noch drei in den 05er-Reihen. Zwei werden am Samstag sogar auflaufen.
Seinen »Jungs« fehle das Selbstvertrauen, urteilt Klopp. »Aber das kann man sich verdienen. Ein guter Schuss, ein gewonnener Zweikampf, eine abgewehrte Torchance, all das kann die Initialzündung sein«, meint der FSV-Coach, der außerdem in dieser Woche gängige Floskeln wie »Limit« oder »100 Prozent« und »Schneid abkaufen« anbrachte.
Sechs Punkte Vorsprung haben die Rheinhessen noch auf die Abstiegskonkurrenten aus Bochum und Freiburg. »Wir haben uns die Suppe selbst eingebrockt. Wir löffeln sie auch aus«, sagt Klopp über die bisher schwierigste Situation seiner Trainerlaufbahn. »Es ist an der Zeit, die Sache mit ganz großer Aggressivität anzugehen. Ans Verlieren gewöhnen wir uns nicht.«
Der FSV-Trainer hat deshalb für das Bielefeld-Spiel Profis gesucht, die seine Forderungen umsetzen können, aber die Personallage ist angespannt. Noveski musste wegen einer Halsentzündung kürzer treten, steht aber wie Gerber (Wadenprellung) am Samstag wieder zur Verfügung, während Weber und Dennis Weiland ausfallen.

Artikel vom 19.02.2005