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Wie es hofft und bangt

Mainz stoppt die Serie, doch das Polster schmilzt

Von Hans Peter Tipp
Mainz (WB). Lange bevor der Ball rollt, werden im Stadion am Bruchweg die Nerven auf eine gewaltige Probe gestellt. Da nämlich gilt es, den Mann am Mikro zu ertragen.

Der sieht zwar, wie er da auf dem Rasen steht, nicht gerade Furcht einflößend und sonderlich sportlich aus. Doch damit man ihn als Beteiligten an diesem Fußballspiel identifizieren kann, trägt er ein rotes Trikot mit der »12«. Wahrscheinlich zieht er es nie aus. So überzeugend wirkt er.
Hinten drauf steht »HAFNER«, und dieser Name taucht in keiner Aufstellung auf. Es ist der Stadionsprecher, und der heißt mit Vornamen Klaus. Er ist in Mainz tatsächlich der zwölfte Mann. Deshalb die »12«. Sportlicher als die Figur ist die Stimme, mit der er - Êso ist jedenfalls zu befürchten -Ê irgendwann einen Gegner aus dem Stadion pusten wird, wenn es für den FSV mal nötig wird.
Könnte sein, dass es bald das Fall ist. Denn auch nach dem 0:0 gegen Arminia Bielefeld am Samstag ist die Situation für den Aufsteiger eher bedrohlicher geworden. Einerseits hat Mainz nach sieben Niederlagen in Folge zumindest nicht verloren, andererseits ist der Vorsprung auf die Abstiegsplätze auf vier Zähler zusammengeschmolzen. Angesichts der Aussicht, in einer Woche in Dortmund antreten zu müssen, hatte Bielefelds Trainer Uwe Rapolder bereits vor dem Spiel orakelt: »Wenn die gegen uns nicht gewinnen, weiß ich nicht, ob diese Talfahrt noch zu stoppen ist.«
Die Leistung der Gastgeber, die zwar zwei Mal den Pfosten trafen, aber ansonsten kaum gefährlich sind, gibt Anlass, dass der DSC-Coach Recht behalten könnte. Am Samstag gab sich Rapolder aber als netter Gast. »Ich bin sicher, dass die Mainzer es schaffen«, sagte er am Ende einer längeren Rede vor der Presse, mit der er fast an den Auftritt seines Kollegen Jürgen Klopp beim Hinspiel in Bielefeld heranreichte
Der fasste sich dieses Mal kürzer und fand nach einem schwachen Spiel erstaunlich viele positive Ansätze. Im Kern sagte er jedoch: »Ich bin froh, dass diese Drecksserie vorbei ist. Das war ein Anfang, jetzt muss es in dieser Art weitergehen.« Aber für einen Spruch ist der FSV-Trainer immer noch gut. Die beiden Aluminiumtreffer kommentierte er so: »Letztes Mal haben wir noch nicht einmal an den Pfosten geschossen. Deshalb sind wir schon einen Schritt weiter gekommen.«
Zu diesem Zeitpunkt hat Klaus Hafner schon Feierabend. Er gibt übrigens auch während des Spieles keine Ruhe und fordert immer mal wieder die Unterstützung von den Rängen ein. Das ist gewöhnungsbedürftig, die FSV-Fans fahren jedoch begeistert darauf ab. Für sie scheint die Bundesliga ohnehin eine Art Freiluftgymnastik geworden zu sein. Kaum, dass der Ball ruht, sind sie in Bewegung. Aufstehen, hinsetzen -Êdas gleiche Spiel, bei jedem Stand, bei jedem Standard. Immer wieder. Aber vielleicht hat auch dies einen tieferen Sinn. Denn im Abstiegskampf müssen die FSV-Profis erst noch lernen, richtig aufzustehen.

Artikel vom 21.02.2005