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Wunden aufgerissen

3. Arminia-Nostalgieabend mit Jurist Ulf Bosse

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). Besonders verheißungsvoll waren Christian Venghaus' Begrüßungsworte nun wirklich nicht. »Wir fangen heute mit etwas Schlechtem an und hören mit etwas Schlechtem auf«, sagte Arminia Bielefelds Fanbeauftragter. Der dritte Nostalgieabend im VIP-Raum der SchücoArena war eröffnet.

Vom Bundesligaskandal 1971 bis hin zum verlorenen '85er-Relegationsspiel um den Ligaverbleib gegen den 1. FC Saarbrücken: Nein, für Genießer unter den Fußball-Nostalgikern war der vorletzte von insgesamt vier tiefen Einblicken in Arminias Clubhistorie beim besten Willen nichts. Im Gegenteil. Alte Wunden wurden aufgerissen, fassungsloses Kopfschütteln rufen auch heute noch die TV-Bilder von den historischen Aufstiegsspielen zur 1. Bundesliga 1977 gegen 1860 München hervor, in denen Arminia seinerzeit dramatisch scheiterte.
Über 200 Fans, die Besucherzahl wird von Mal zu Mal größer, hielten dennoch tapfer durch, bissen während der zweieinhalbstündigen Veranstaltung auf die Zähne. Gut, dass das Bier nur 'nen Euro kostete.
Eine große Portion Hintergrundwissen garniert mit diversen Anekdoten und dazu ein Schuss Selbstironie: Die Autoren der Stadionzeitung »halbvier«, Marcus Uhlig und Jens Kirschneck, der Auszüge aus seinem 1997 publizierten Buch »Arminia Bielefeld - ein Verein will nach oben« zum Besten gab, sowie Moderator Christian Venghaus leisteten entscheidenden Beitrag dazu, dass kein Besucher in Depressionen zu verfallen brauchte.
Und dass der prominente Gast und Zeitzeuge Ulf Bosse des traurigen Themas zum Trotz mit einer gewissen Leichtigkeit und dank des nötigen Abstands auf die damals zutiefst bedrückenden Ereignisse auf beinahe heitere Art den Bundesligaskandal aus seiner Sicht schilderte, trug wesentlich zum Gelingen des Abends bei. Als Arminia Bielefeld eifrig am traurigsten Kapitel seiner Vereinsgeschichte schrieb, spielte Rechtsanwalt Bosse eine Schlüsselrolle. Bosse, heute Mitglied des Arminia-Aufsichtsrates und zuletzt sogar Gast im Trainingslager der Profimannschaft in Südspanien, sollte damals nicht nur helfen, den DSC-Karren aus dem Skandal-Dreck zu ziehen. Er gehörte auch zu der Allianz einflussreicher Bielefelder Bürger, die unter dem Namen »Projekt Arminia 72« das schwer beschädigte Image des berühmten und nun auch berüchtigten Fußballclubs wieder aufpolieren sollten.
Was bei allen schwer wiegenden Negativereignissen, die Kernthemen des Abends waren, dennoch keinesfalls vergessen werden darf: In der Zeit zwischen Skandal '71 und Abstieg '85 kickte der DSC fünf Jahre in der 1. Bundesliga, erreichte zwei Mal sogar Tabellenplatz acht (82/83 und 83/84). Bis heute ist das die beste Platzierung, die Arminia Bielefeld jemals in der höchsten Profiliga erreichte.
Beendet wird die Zeitreise durch die Vereinsgeschichte am Donnerstag, 17. März. Ab 20 Uhr werden die zweite Hälfte der 80er- sowie die 90er-Jahre thematisiert. Sieben Jahre Oberliga-Tristesse und die Auferstehung eines »schlafenden Riesen« (Zitat von Ex-Manager Rüdiger Lamm) sind dann die zentralen Themen.

Artikel vom 19.02.2005