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Walter Bau unter Strabag-Dach

Mehr als ein Drittel der Beschäftigten bangt aber weiter um die Jobs

Augsburg (AP/dpa). Die Übernahme des Kerngeschäfts der insolventen Walter Bau AG durch den österreichischen Bauriesen Strabag spaltet die Belegschaft in Gewinner und Verlierer. Bei 4100 Mitarbeitern der geretteten Konzerntöchtern herrscht Erleichterung, zum künftig zweitgrößten Bauriesen im deutschsprachigen Raum zu gehören.

Bei der Pleite gegangenen Konzernmuttergesellschaft, Walter Bau AG, mit ihren 4000 Beschäftigten löste die Nachricht gestern dagegen einen Schock aus. Der vorläufige Insolvenzverwalter Werner Schneider erklärte bei der Vorstellung der Übernahme, zwei Drittel aller Arbeitsplätze bei der Muttergesellschaft hätten keine Chance mehr.
Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens könnten voraussichtlich 6000 der 9200 Mitarbeiter des kompliziert verzweigten einstigen Konzernimperiums des Baulöwen Ignaz Walter damit rechnen, ihre Stellen zu behalten. »Dass mit einer Bauinsolvenz der Verlust von Arbeitsplätzen verbunden ist, liegt auf der Hand«, sagt Schneider. Jedoch hätten die Beteiligten den Einstieg von Strabag »in Rekordzeit von nur zwei Wochen erreichen können und damit viele Arbeitsplätze gesichert«.
Gesamtbetriebsratschef Karl Bauer verfolgte die Erklärungen Schneiders und des österreichischen Strabag-Eigentümers Hans Peter Haselsteiner mit bitterer Miene. Er sei enttäuscht, sagt der Gewerkschafter. »Natürlich sind wir nicht zufrieden, wenn 3000 Kolleginnen und Kollegen ihren Arbeitsplatz verlieren.« Bei der Muttergesellschaft müssten nun 800 Verwaltungsmitarbeiter, 1200 Bauleiter und knapp 2000 Bauarbeiter um ihre Jobs bangen.
Unklar ist, was aus den übrigen Teilen des einstigen Bau-Imperiums wird. Die profitable Dywidag Systems International ist von der Transaktion nicht betroffen. Das vorwiegend im Tunnelbau tätige Unternehmen soll weltweit zum Kauf angeboten werden.
Für die Beteiligung am Stuttgarter Baukonzern Züblin könnte ebenfalls bald eine Lösung gefunden werden. Walter Bau hielt 53 Prozent an Züblin. Davon gingen nach Schneiders Angaben fünf Prozent an Strabag, die restlichen 48 Prozent seien von der Bayerischen Landesbank gepfändet. Die Familie Lenz, die über 43 Prozent der Züblin-Anteile verfügt, will gemeinsam mit einem Finanzinvestor die Mehrheit übernehmen.
Allerdings will auch Strabag die Anteile an Züblin erwerben. Es gebe positive Signale der Bank, sagte Strabag-Vorstandschef Haselsteiner. Mit der Übernahme von Walter Bau strebe er eine Neuordnung und Strukturbereinigung der Bauindustrie an. Strabag und Dywidag werden nach seinen Angaben der größte in Deutschland tätige Baukonzern sein. Der österreichische Strabag Konzern hat nach Haselsteiners Angaben bei einem Umsatz von 7,5 Milliarden Euro 37 000 Mitarbeiter. Die Hälfte des Geschäfts entfalle auf Deutschland.

Artikel vom 16.02.2005