16.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Stolz auf den Ausbildungspakt

Regierung und Wirtschaft mit positiver Bilanz - DGB sieht Verschlechterung

Berlin (Reuters). Bundesregierung und Wirtschaft haben trotz des Fehlens von 12 000 Ausbildungs- oder Qualifizierungsplätzen eine positive Bilanz des Ausbildungspakts gezogen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sprach dagegen von einer Verschlechterung der Situation für die Jugendlichen.
»Wir sind übereinstimmend der Meinung, dass der Ausbildungspakt ein Erfolg ist. Wir haben die Trendwende am Ausbildungsmarkt erreicht«, sagte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement gestern nach einer Sitzung der Pakt-Partner aus den Wirtschaftsverbänden und der Bundesagentur für Arbeit. Die Zusagen des auf drei Jahre angelegten Pakts seien großteils übererfüllt worden.
Clement appellierte an die Partner, ihre Anstrengungen in diesem Jahr wegen steigender Bewerberzahlen noch zu erhöhen, um die Lage zu stabilisieren.
Führende Vertreter der Wirtschaft zeigten sich optimistisch, dass dies gelingen werde. Es gebe aber viel Handlungsbedarf. So müssten die Ausbildungseignung von Schulabgängern verbessert, das hohe Durchschnittsalter von 19 Jahren bei Beginn einer Ausbildung verringert sowie die Zusammenarbeit von Schulen und Wirtschaft intensiviert werden.
Bei Abschluss des Ausbildungspaktes hatte die Wirtschaft die Schaffung von jährlich 30 000 neuen Ausbildungsplätzen sowie von 25 000 Praktikumsplätzen für Einstiegsqualifikationen zugesagt. Die Regierung verpflichtete sich, das Ausbildungsplatzprogramm Ost mit 14 000 außerbetrieblichen Plätzen zu verlängern. Die Bundesagentur hatte zugesagt, ihre Fördermaßnahmen für drei Jahre auf dem Niveau von 2003 zu halten.
Die Lücke zwischen Ausbildungsplatzangebot und -bewerbern wurde nach Clements Worten im abgelaufenen Jahr »mehr als geschlossen«. Rein rechnerisch habe es Mitte Februar noch 15 500 Praktikums- und 4200 Ausbildungsplätze gegeben, die nicht genutzt worden seien. Dem hätten Ende Januar noch 12 000 Jugendliche ohne Ausbildungs- und Qualifikationsplatz gegenüber gestanden.
Dabei handle es sich aber im Wesentlichen um eine rechnerische Größe beziehungsweise um Jugendliche, die für solche Stellen nicht zu gewinnen gewesen seien oder sich als Bewerber nicht abgemeldet hätten. Insgesamt seien erstmals seit fünf Jahren gemessen am Vorjahr mehr Ausbildungsverträge abgeschlossen worden.
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hob hervor, die Wirtschaft habe alle Zusagen mit dem Angebot von deutlich mehr als 40 000 neuen betrieblichen Ausbildungsverträgen und von 30 000 Praktikumsplätzen übererfüllt. Dies sei trotz der Wachstumsschwäche in Deutschland gelungen. Hundt beklagte die mangelnde Ausbildungsfähigkeit vieler Jugendlicher. Immer mehr Schulabgängern fehle das nötige Rüstzeug für eine Lehre. Mit der Kultusministerkonferenz sei als Konsequenz eine engere Zusammenarbeit von Betrieben und Schulen vereinbart worden, so dass mehr Schüler die Ausbildungsreife erreichten.
Hundt forderte, den Anteil der Schulabbrecher von derzeit zehn Prozent in den nächsten zehn Jahren auf ein Drittel dieser Zahl sowie den Anteil der Leistungsschwächeren in den Schulen von derzeit 25 Prozent ebenfalls auf ein Drittel zu senken.
DGB-Vorstandsmitglied Ingrid Sehrbrock kritisierte dagegen den Ausbildungspakt und seine Ergebnisse. Zwar seien mehr betriebliche Ausbildungsplätze geschaffen worden, die außerbetrieblichen Ausbildungsplätze hätten sich aber um 11,6 Prozent verringert.

Artikel vom 16.02.2005