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Duell gewinnt an Fahrt

»Sophie Scholl«-Film mit Julia Jentsch bei der Berlinale

Von Klaus Gosmann
Berlin (WB). »Der Untergang«, »Napola« und jetzt der Wettbewerbsbeitrag auf der Berlinale »Sophie Scholl - Die letzten Tage«: Filme, die vor dem Hintergrund der Nazi-Diktatur spielen, haben Hochkonjunktur.
Szene aus dem Wettbewerbs-Film »Sophie Scholl - Die letzten Tage« mit Julia Jentsch und Fabian Hinrichs.Foto: AP

Wobei gleich die Anfangssequenz des Spielfilms von Marc Rothemund, in der die Widerstandskämpferin Sophie Scholl in schwärmerischer Weise Swingmusik hört, befürchten lässt, Joseph Vilsmaier würde das Leben der Swing-Kids verfilmen. Dessen sepia-getönten Trivialisierungen mögen zwar stets schön anzusehen sein, werden den Schrecken dieser Zeit aber nur bedingt gerecht. Und dann kommen zunächst auch viele der Nazi-Schergen so überzeichnet zackig und Hacken zusammenknallend daher, dass man vollends eine standardisierte Nazi-Klamotte befürchtet.
Doch zunehmend gewinnt ein schauspielerisches Duell an Fahrt, das die letzten sechs Tage der Widerstandsaktivistin Sophie Scholl im Februar 1943 portraitiert und in deren Mittelpunkt die Vernehmungen durch den Gestapo-Mann Robert Mohr stehen. Dabei entspinnt sich unter anderem ein spannendes Kammerspiel, in dem die aufstrebende deutsche Schauspielerin Julia Jentsch (»Die fetten Jahre sind vorbei«) in ihrer Rolle als Mitbegründerin der Widerstandsgruppe »Weiße Rose« zunächst alle Vorwürfe bestreitet, bei hellichtem Tag Flugblätter mit reichlich Kritik an den Nazi-Oberen in eine Eingangshalle der Münchner Universität geworfen zu haben.
Auch ihr Leinwand-Gegenspieler, Alexander Held (spielte sowohl im »Untergang« als auch in »Napola« mit), der den Vernehmungsbeamten Mohr verkörpert, weiß seinen Part mit großer Glaubwürdigkeit zu füllen. Mohr bringt der Studentin sogar ein bisschen Sympathie und Respekt entgegen. So sehr, dass er der 21-Jährigen seine eigenen Motive, an den Nationalsozialismus zu glauben, offenbart.
Rothemund (»Harte Jungs«) und der renommierte Drehbuchautor Fred Breinersdorfer erzählen die Geschichte aus der Sicht der schließlich mit dem Fallbeil hingerichteten Regime-Gegnerin und bedienen sich dabei aus dem Fundus der historischen Fakten, Vernehmungsprotokolle und Augenzeugenberichte.
Bei der US-Komödie »In good company« hingegen darf man getrost spekulieren, dass sie nur aus einem Grund im Wettbewerb der 55. Filmfestspiele zu sehen ist: Damit in Form von Hauptdarsteller Dennis Quaid ein weiterer Hollywood-Star, wenn auch eher der zweiten Reihe, an die Spree gelockt werden konnte. In dem äußerst konventionell inszenierten Film verkörpert der gut abgehangene, stets sympathische Film-Beau den Anzeigenleiter eines Sportmagazins, der nicht nur seine Führungsposition an einen aalglatten Jungspund (Topher Grace) verliert , sondern zunächst auch seine Tochter (Scarlett Johansson), die sich in den Karrieristen verliebt hat. Etwas Kapitalismus-Kritik light und Julia Robert'sche Rehäugigkeit rechtfertigen dennoch keinen Festivaleinsatz. Der braun gebrannte Sonnyboy Quaid scheint übrigens keine Angst vor dem Älterwerden zu haben: »Meine neue Ikone ist Clint Eastwood.«

Artikel vom 15.02.2005