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Der Kanzler in der Kritik

Schröders Vorstoß zur NATO-Reform stößt auf Ablehnung

Berlin/Brüssel (Reuters). Die Bundesregierung will trotz des überwiegend kritischen Echos von Seiten der NATO und der Opposition in Deutschland an ihrem Reformvorstoß für die Allianz festhalten.

In NATO-Kreisen wurde die Initiative dagegen weiterhin kritisch beurteilt. Angesichts der verbreiteten Skepsis werde sie keine größere Rolle beim NATO-Gipfel mit US-Präsident George W. Bush in der kommenden Woche spielen, hieß es im Hauptquartier der Allianz.
Die CDU warf Schröder vor, mit seinem Vorstoß bei der Münchner Sicherheitskonferenz außenpolitischen Schaden angerichtet zu haben. In Berlin betonte ein Sprecher Schröders, die Unterstützung für den Vorschlag des Kanzlers, die transatlantischen Strukturen durch ein Gremium unabhängiger Experten überprüfen zu lassen, sei viel größer als angenommen werde. Schröder werde seine Vorstellungen beim NATO-Gipfel in der kommenden Woche in Brüssel noch einmal erklären, kündigte der Sprecher an. Es habe sich um den richtigen Anstoß zur richtigen Zeit gehandelt
Schröder hatte in einer von Verteidigungsminister Peter Struck verlesenen Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz am Wochenende die zentrale Rolle der NATO für wichtige transatlantische Debatten in Frage gestellt. Der erkrankte Kanzler ließ in der Rede erklären, die NATO sei nicht mehr der primäre Ort, an dem die transatlantischen Partner ihre Strategie abstimmten. Schröders Sprecher sagte weiter, es sei dem Kanzler darum gegangen, die Formen der transatlantischen Zusammenarbeit zu stärken. Schröder habe eine Diskussion anstoßen wollen.
CDU-Chefin Angela Merkel warf Schröder vor, erheblichen außenpolitischen Schaden verursacht zu haben. Der stellvertretende Unionsfraktionschef Wolfgang Schäuble äußerte den Verdacht, dass der rot-grünen Bundesregierung ein neuer Konflikt mit Washington vor der nächsten Bundestwagswahl nicht ungelegen komme. Als unausgegoren bezeichnete Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) die Vorschläge Schröders zur Reform der NATO. »Es ist aberwitzig, die NATO in Frage zu stellen«, erklärte Stoiber.
Der SPD-Außenpolitiker Hans-Ulrich Klose sagte, um den NATO-Rat wieder zum zentralen Ort der Konsultationen zu machen, brauche man keine Reform der Strukturen. Wie jedes Land könne die Bundesregierung Themen auf die Tagesordnung setzen, wenn sie Beratungsbedarf sehe.
Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana sagte: »Die NATO hat nichts von ihrer Bedeutung eingebüßt.« Man solle »Dinge nicht dramatisieren, die nicht dramatisch sind«.

Artikel vom 15.02.2005