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Jazz-Pinaist Jasper van't Hof gab Konzert auf der Orgel.

Gekonntes Spiel mit Versatzstücken

Jazz-Pianist Jasper van't Hof gab Konzert auf der Beckerath-Orgel

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Menschenschlangen vor der Altstädter Nicolaikirche wird man bei herkömmlichen Orgelkonzerten vergeblich suchen. Wenn hingegen ein angesagter Jazz-Pianist die Beckerath-Orgel traktiert, sieht das ganz anders aus. Wer hätte gedacht, dass Jasper van't Hof in Bielefeld eine derart große und noch dazu gemischte Fan-Gemeinde hat?!

Manch einer, der am Sonntagabend die Kirchenbank drückte, hatte weit weniger Jahre auf dem Buckel als van' Hofs Musikkarriere währt. 1947 in Enschede geboren, hat der Holländer die Grenzen des Jazz immer wieder und in wechselnden Formationen neu gezogen. 1998 entdeckte er die Kirchenorgel, ein Instrument, dass zunächst einmal aufgrund seiner Schwerfälligkeit kaum für spontane und rhythmisch bewegte Eingebungen geeignet erscheint. Andererseits lädt das enorme Klangspektrum des königlichen Instruments zu geradezu unendlichen Klangabmischungen und Variationsmöglichkeiten ein. Und Jasper van't Hofs Lust, diese spielerisch auszuschöpfen, ist groß.
Seine Kompositionen hingegen greifen in Form von Versatzstücken auf Bewährtes zurück. Keinesfalls erfindet van' Hof eine neue, originelle Musiksprache, vielmehr mischt er traditionelle Kompositionsprinzipien neu ab. Gelegentlich treibt er sie auch auf die Spitze, was dann einer Verballhornung -Êetwa traditioneller formal-harmonischer Schlüsse -Êsehr nahe kommt.
Allen Stücken liegt ein durchlaufender, rhythmisch markanter Bordun-Bass zugrunde. Darüber legt van't Hof ein Thema, das er improvisatorisch weiter entwickelt und in Läufen und Akkorden verdichtet. Nach und nach gesellen sich verschiedene Registerfarben hinzu. So schafft er einen dramatischen Spannungsverlauf, der häufig in einem aufgetürmten, clusterhaften Klangbombast seinen Höhepunkt findet und spiegelverkehrt zu seinem Ausgangspunkt zurückkehrt.
Reminiszenzen an das wechselnde Spiel der unterschiedlichen Instrumente eines Jazz-Ensembles finden sich durchaus wieder. So improvisiert van't Hof abwechselnd mit unterschiedlichen Registerfarben wie auf verschiedenen Soloinstrumenten. Nicht selten wird die variierte Wiederholung zum Prinzip erhoben.
Mit Schalmaien und Schnarrwerk lässt der Künstler ein ganzes Dudelsackorchester aufziehen, das nahtlos von einer Rockband abgelöst wird. Überhaupt ist van't Hof stets für eine Überraschung gut: Findet er aus einem zünftigen Rhythmus nicht mehr heraus, so scheut er sich nicht, abrupt kurze, zusammenhanglose Schlüsse zu ziehen und diese mit verschmitztem Grimmassenspiel zu würzen.
Alles nur Spaß, nur wilde Lust am Improvisieren und Ausprobieren? Manchmal kann man sich des Eindrucks nicht erwehren. Aber warum auch nicht, wenn's so gut gefällt.

Artikel vom 15.02.2005