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»Wir sind die Jäger«

Bundestrainer Behle gibt vor WM neue Taktik aus

Oberstdorf (dpa). Aus den Gejagten sind Jäger geworden. So zumindest möchte es Langlauf-Bundestrainer Jochen Behle, wenn am Donnerstag bei den 10 km der Frauen und den 15 km der Männer im freien Stil die ersten nordischen WM-Medaillen vergeben werden.

Nach der Euphorie zum Saisonstart, als vor allem die Männer um Weltcup-Spitzenreiter Axel Teichmann der Konkurrenz auf und davon liefen, ist nun beim äußerst gewieften Taktiker Behle Vorsicht eingezogen. »Die Favoriten sind andere. Jetzt sind wir die Jäger«, sagt der Coach und verweist auf die Resultate der Weltcups seit Dezember.
Da bröckelte die deutsche Vormachtstellung. Einzelkämpfer wie der Este Andrus Veerpalu, der Tscheche Lukas Bauer oder der Slowake Martin Bajcicak, die sich wie bei der vergangenen WM ganz auf ein Rennen konzentrieren, tauchten auf, testeten ihre Form, gewannen und verschwanden wieder. Deren Leistungsstärke einzuschätzen ist schwer. »Aber wir kennen sie und wissen, wozu sie in der Lage sind«, betont Behle.
Hinzu kommt die Tatsache, dass Teichmann nach der harten WM- Vorbereitung im Südtiroler Toblach mit ersten Anzeichen einer Erkältung sofort nach Hause geschickt wurde und den Weltcup am Wochenende in Reit im Winkl ausließ. »Er wäre wirklich zu gern gelaufen. Aber ein Kranker geht bei mir nicht an den Start«, beteuert Behle, dass es sich bei der Absage nicht vielleicht doch um einen taktischen Schachzug gehandelt haben könnte. Fehlende Wettkampfpraxis befürchtet der Trainer bei seinem Vorzeigeläufer jedoch nicht: »Er hat bei seinem WM-Titel vor zwei Jahren im Fleimstal schon gezeigt, dass er auch ein Kaltstarter sein kann. Außerdem hat er in Oberstdorf noch mehr Chancen«, so Behle.
Ohnehin glaubt der Willinger fest daran, dass seine Männer-Armada mit René Sommerfeldt (er trägt am Mittwoch die deutsche Fahne bei der Eröffnungsveranstaltung), Jens Filbrich, Tobias Angerer, Andreas Schlütter und Franz Göring für so manches Husarenstück gut sein dürfte. Nicht umsonst gab er dem Team trotz der mäßigen Ergebnisse in Reit im Winkl für den Leistungsstand bereits die Note 2. Davon können die Frauen nur träumen. Hier bangt man um den Einsatz von Claudia Künzel, der derzeit einzigen Läuferin von Weltformat. Ob sie nach ihrer fiebrigen Erkältung bereits am Donnerstag starten kann, ist ungewiss.
»Ohne Claudia sieht es nicht so rosig aus. Die anderen Nationen sind an uns vorbei gezogen. Vor allem Russland und Norwegen sind unerreichbar. Es würde mich aber auch wundern, wenn es für uns zu Bronze in der Staffel reichen würde«, sagte Behle. Er verwies auf die höchsten Anforderungen nicht genügende Form von Evi Sachenbacher.

Artikel vom 15.02.2005