12.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Die Heimat hasste
und feierte ihn

Dramatiker Arthur Miller gestorben

Von Thomas Burmeister
New York (dpa). Der Schriftsteller und Dramatiker Arthur Miller, einer der bedeutendsten amerikanischen Theaterautoren der Gegenwart, ist im Alter von 89 Jahren gestorben. Das teilte seine Mitarbeiterin Julia Bolus am Freitag mit.
Arthur Miller und seine Frau Marilyn Monroe im Jahre 1956.Foto: AP
Der Dramatiker Arthur Miller im Alter von 87 Jahren.Foto: dpa

Arthur Miller war in seiner Heimat ein ebenso gefeierter wie gehasster Mann. Die Kommunistenfresser der McCarthy-Ära setzten dem linksliberalen Theaterschriftsteller nach, wütend dass sie den damals schon Weltberühmten nicht zur Strecke bringen konnten. Das intellektuelle Amerika hingegen feierte Stücke wie »Alle meine Söhne«, »Tod eines Handlungsreisenden« (eine Inszenierung des Stückes hatte am Freitag in Paderborn Premiere) oder »Hexenjagd« als geistige Befreiungsschläge. Nach Millers Tod wird nun unweigerlich der Disput um seine Bedeutung für die Entwicklung nicht nur des amerikanischen Theaters aufleben. Einmal mehr dürften Kritiker auch diskutieren, ob Miller oder doch eher Tennessee Williams als der wichtigste US-Dramatiker des 20. Jahrhunderts anzusehen ist.
Und natürlich wird auch wieder Millers theaterreife Ehe mit Hollywood-Superstar Marilyn Monroe in Erinnerung gebracht. Unabhängig davon waren sich Kritiker meist darin einig, dass ihm längst der Status eines »Theater-Klassikers« im Range eines Bertolt Brecht zukam. Wie zeitgerecht seine Werke auch nach Jahrzehnten noch auf die Bühne gebracht werden können, zeigte 1999 die hoch gelobte Neuinszenierung des »Handlungsreisenden« am Broadway. Sie wurde mit vier »Tony«-Theaterpreisen ausgezeichnet.
Auch heute noch wird die analytische Schärfe, mit der Miller seine Gesellschaft beobachtete und dramatisierte, in Literatur- und Theaterklassen als Musterbeispiel für handwerkliche Meisterschaft gelehrt. Generationen von Theaterautoren haben sich von ihm beeinflussen lassen. Rolf Hochhuth lobte Millers 1987 erschienene Memoiren »Zeitkurven« als »politisch gründlichste und menschlich bewegendste Selbstbiografie aus den USA«. Vielen galt Miller wegen seiner Aufrichtigkeit und seiner unbestechlichen Gesellschaftsanalyse als »Gewissen Amerikas«.

Artikel vom 12.02.2005