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Windkraft: Stadtwerke müssen zahlen

Energieversorger hatte schnellen Anschluss ans Leitungsnetz verweigert

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WB). 16 286 Windräder drehen sich in Deutschland - so viele wie in keinem anderen Land der Erde. Die Betreiber verdienen dank der Subventionen gut mit der erneuerbaren Energie.

Enerieversorgern sind die Anlagen dagegen ein Dorn im Auge. Denn sie und damit die Verbraucher müssen den Windstrom kraft Gesetzes teuer bezahlen. Der oft praktizierten Abschreckungspolitik gegenüber Wind-Investoren hat das Landgericht Paderborn nun einen Riegel vorgeschoben.
Nach einem Urteil müssen die Stadtwerke Lippstadt einer Windkraftgesellschaft 52 000 Euro zahlen. Das Stromversorgungsunternehmen hatten den Windmüllern nicht gestattet, den nächst möglichen Anschluss ans Leitungsnetz zu nutzen. Sie mussten für ihre vier Anlagen von jeweils 600 Kilowatt ein Zuleitungskabel von drei Kilometern Länge legen.
Der Lippstädter Rechtsanwalt Andreas Schäfermeier, Spezialist für erneuerbare Energien, berichtet von zahlreichen ähnlichen Fällen in ganz Deutschland. Dutzende solcher Schadenersatzprozesse seien anhängig. Die Energieversorger versuchten, Neuinvestoren durch hohe Zuleitungskosten systematisch abzuschrecken. Die Rechtsprechung sei mittlerweile aber »eher betreiberfreundlich geworden«, hat der Jurist festgestellt. Auch die Stadtwerke Coesfeld hätten unlängst eine Niederlage vor Gericht hinnehmen müssen. Dort hatten Windmüller geklagt, weil sie auf eigene Kosten ein 15 Kilometer langes Kabel legen sollten.
Das Gesetz über Erneuerbare Energien (EEG) aus dem Jahr 2000 verpflichtet Energieversorger, Windkraftunternehmern den nächst gelegenen Einspeisepunkt anzubieten - sofern dieses »technisch und wirtschaftlich möglich ist«. »Über die Anwendung in der Praxis gibt es noch keine gefestigte Rechtsprechung«, sagte der Paderborner Richter Adalbert Heine. Der Lippstädter Fall sei »geeignet, Rechtsgeschichte zu schreiben«. Ob die streitenden Parteien das Urteil akzeptieren, ist noch nicht klar. Die Kläger hatten eigentlich 100 000 Euro gefordert, die Stadtwerke wollten keinen Cent zahlen.

Artikel vom 14.02.2005