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Ein letzter Gruß von Max Schmeling

Der 99-jährige Peter Hodes aus Herstelle bekam noch kürzlich Post von seinem Idol


Von Herbert Sobireg
und Harald Iding (Fotos)
Herstelle (WB). Der große Max Schmeling wollte dem Sattler- und Polstermeister im Weserdorf Herstelle im Kreis Höxter mit diesem Bild zu dessen 100. Geburtstag am 20. April gratulieren. »Meinem treuen Fan Peter Hodes zu seinem 100. Geburtstag liebe und herzliche Glückwünsche«, hat Max Schmeling eigenhändig nur wenige Tage vor seinem Tod mit Filzstift auf das Bild geschrieben. Und damit es wirklich ein Geburtstagsgeschenk werden sollte, zusätzlich auf den verschlossenen Umschlag schreiben lassen: Erst am 20. April öffnen.
»Wie bin ich an diesen besonderen Gruß meines großen Idols Max Schmeling gekommen? Erst Mitte Januar dachte ich daran, dass Max Schmeling und ich im Jahre 1905 das Licht der Welt erblickten und wir beide nun in diesem Jahr 2005 unseren 100. Geburtstag feiern können - ich am 20. April, Max Schmeling am 28. September«, erzählte Peter Hodes im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT. »Da kam mir urplötzlich ein Gedanke, der mich in den folgenden Tagen nicht mehr los ließ: Ich bitte mein großes Boxidol Max Schmeling um ein Autogramm, so wie es viele junge Leute auch machen. Als ein besonderes Geschenk zu einem besonderen Geburtstag.« Gedacht getan. Peter Hodes nahm Papier und Kugelschreiber und schrieb Ende Januar einen netten Brief mit herzlichen Grüßen an den in Hollenstedt bei Hamburg lebenden Max Schmeling. Schon wenige Tage später bekam Peter Hodes Antwort aus Hollenstedt, doch er achtete den Wunsch, den Brief nicht vor dem 20. April zu öffnen.
»Erschrocken und sehr bestürzt war ich, als ich am Samstag, 5. Februar, in meiner Heimatzeitung WESTFALEN-BLATT lesen musste, dass Max Schmeling verstorben ist.« Wenn Max Schmeling nun nicht mehr lebt, kann ich den Brief ja öffnen, sagte sich Hodes. »Mit zittrigen Fingern öffnete ich nun das Couvert und fand darin das Foto mit der Beschriftung. Tränen traten mir in die Augen. Nun hatte ich mein wertvollstes Geburtstagsgeschenk, aber der Absender lebte nicht mehr.
Seit meiner Jugend habe ich mich für das Boxen, den wohl männlichsten Sport der Welt, interessiert. Mein Idol war schon damals Max Schmeling, ein kerzengerader und grundehrlicher Sportsmann, der nicht nur durch sein boxerisches Können Eindruck auf mich machte, sondern der auch mit beiden Beinen fest im Leben stand«, erinnert sich Peter Hodes im Gespräch mit dieser Zeitung.
»Zwei Kämpfe von Schmeling habe ich hautnah miterlebt. Für mich als jungen Handwerkersohn mit wenig Geld war es nicht gerade einfach, zu den Kampforten und dann noch in die Boxarena zu kommen. Aber ich musste einfach mal dabei sein.
1927 war ich in der Dortmunder Westfalenhalle dabei, als Max Schmeling seinen Gegner niederstreckte und Europameister in der Gewichtsklasse Halbschwergewicht wurde. Nach dem Kampf kam der Sieger ganz dicht an mir vorbei, aber ich habe mich nicht getraut, ihm meine Hand hinzustrecken und zu gratulieren. Das hat mich anschließend mein ganzes Leben lang geärgert«, erinnerte sich Peter Hodes an diese Begegnung.
Seinen zweiten Schmeling-Kampf sah Peter Hodes Jahre später in Frankfurt. Mit dem Fahrrad war Hodes von Herstelle nach Kassel gefahren, von dort mit dem Zug nach Frankfurt. »Schmeling gewann bereits in der siebten Runde durch K.o. Als junger Bursche war ich natürlich wie alle anderen stolz auf unseren großartigen Boxer Max Schmeling, der bereits 1926 von der deutschen Presse überschwenglich als neuer ÝStern am BoxerhimmelÜ gefeiert wurde.«
Und an noch eine Anekdote erinnert sich der Hersteller Peter Hodes. »In unserem Betrieb war damals ein Hilfsarbeiter beschäftigt, der gut boxen konnte. Als Polsterer habe ich mir meine Boxhandschuhe aus weichem Leder und mit Rosshaar gepolstert selbst gefertigt. Wir haben auf unserem Hof einen provisorischen Boxring gebaut und dann gegeneinander geboxt. Einen Mundschutz hatten wir damals jedoch nicht. Im Kampfgeschehen traf mich mein Gegner am Mund - und schon fehlte mir ein Zahn. Da war der Kampf, im wahrsten Sinne des Wortes, mit einem Schlag beendet.«

Artikel vom 12.02.2005