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Geheimnisvolle Corinna

ZDF-Psychothriller erinnert an Hitchcocks »Vertigo«

ZDF, 20.15 Uhr: Die Musik kommt bekannt vor - und nicht nur sie. Wie Corinna Harfouch die Handlung in Matthias Glasners Film »Die fremde Frau« durchschreitet, erinnert stark an Alfred Hitchcocks Edelthriller »Vertigo« aus dem Jahr 1958.
Corinna Harfouch als geheimnisvolle Helen Berg, die als »Racheengel« das Gefüge einer Hamburger Juweliersfamilie sprengt. Foto: ZDF

Beinahe unbewegt, das Gesicht maskenhaft starr mit gelegentlichem dämonischen Augenaufschlag, verunsichert die Harfouch ihre Mitpieler - wie einst Kim Novak, die dem verdutzten James Stewart als vermeintlich Tote begegnete. Ist Corinna Harfouch im ZDF-Psycho-Thriller nun noch am Leben, oder nur ein Geist? Welche Botschaft hat sie zu übermitteln? Und was sind die Geheimnisse hinter den Mauern einer piekfeinen Hanseatenvilla, wo Top-Juwelier Alexander Brandenburg mit seiner zarten Eehfrau (Judith Engel) und der gar nicht zarten, eher herrisch dominanten Mutter (Carola Regnier) haust? Irgendwas muss damals bei seiner Geburt schief gelaufen sein. Den Brandenburg spielt Ulrich Tukur, seit längerem wieder in einer großen Rolle zu sehen. Auch in einer dankbaren?
»Die dankbarere Aufgabe hat zweifellos Corinna«, sagt Tukur, der nach beruflicher Erschöpfung zur Zeit in einem Schweizer Sanatorium lebt »Sie bringt Tempo und Spannung in die Sache. Ich muss immerzu nur reagieren. Aber das war das ganz Reizvolle daran. Einmal etwas zu machen, wo ich gar nichts machen kann, wo alles übers Gesicht laufen muss.« Ein interessanter Kontrast zur Theaterarbeit, die ihm augenblicklich nicht so spannend vorkommt: »Einige Rollen gibt es wohl noch, die ich spielen sollte, Shakespeares Richarde, etwas von Schiller, Tschechow - aber sonst reizt mich Film eigentlich mehr, vor allem der im Ausland. Es gibt da interessante Angebote aus Frankreich vor allem, aber auch aus Belgien.«
Bei diesem Film, an dem er vor allem Matthias Glasners Schauspielerführung lobt, fühlt er sich nicht nur an »Vertigo«, sondern auch an Ibsen-Stücke erinnert: »Eine nach außen hin intakte Familie, so richtig großbürgerlich, mit langer, ehrfürchtiger Tradition - und dahinter stimmt dann nichts, tut sich ein Abgrund nach dem anderen auf.« Dass am Ende das Geheimnis gelüftet wird und sich als nicht gar so aufregend erweist, findet er nicht so glücklich: »Man hätte der Geschichte getrost ihr Rätsel lassen sollen, so dass jeder für sich selbst zu Ende denken kann. Aber da war wahrscheinlich die Angst vor dem Durchschnittspublikum zu groß.«

Artikel vom 14.02.2005