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Michael Schibilsky verband die Theologie mit heutiger Lebenskultur.

Evangelium in die
Moderne getragen

Theologe Schibilsky gestorben

Bielefeld (WB). Nach schwerer Krankheit ist Michael Schibilsky, Professor für Praktische Theologie in München und stellvertretender Vorsitzender der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), am Dienstag im Alter von 58 Jahren in Hannover gestorben.

Vor seiner Berufung an die evangelische Theologische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München (1996) wirkte Schibilsky als Direktor des Ev. Presseverbandes für Westfalen und Lippe und Chefredakteur der in Bielefeld erscheinenden Wochenzeitung »Unsere Kirche«. Alfred Buß, Präses der Ev. Kirche von Westfalen, würdigte ihn als »Theologen, der die Fähigkeit besaß, unterschiedliche Milieus zu beschreiben, und der mit Begeisterung das Evangelium in die Sprache der heutigen Lebenskultur übersetzte.«
Als »liebenswerten und dem Evangelium verpflichteten Bruder« hat ihn Altpräses Hans-Martin Linnemann in Erinnerung. »Die diakonische und spirituelle Begleitung von Menschen war ein zentrales Thema seiner Praktischen Theologie.«
Schibilsky schrieb zahlreiche wissenschaftliche Texte und publizierte zu den Themen Diakonie, Sozialethik, Praktische Theologie und christliche Publizistik. Sein Interesse galt theologischen und soziologischen Aspekten von Kirche und Religion; aber auch die medienwirksame Verbreitung der christlichen Botschaft lag ihm am Herzen. Schibilsky führte neue, tragfähige Methoden in Forschung und Lehre ein: Diakoniewissenschaften und Christliche Publizistik beziehen wichtige Impulse aus seiner Arbeit. Schibilskys Ansatz fand in seinem Buchtitel »Alltagswelt und Sonntagskirche« (1983) Ausdruck - der als sein Lebensmotto gelten darf.
Sein wohl bekanntestes Buch »Trauerwege« (1989) ebnete Schibilsky den Weg in die akademische Karriere. Seine Methode, ausgehend von der eigenen Lebensgeschichte theologische Gedanken über Tod und Trauer zu entfalten, erwies sich als unkonventionell, aber aussagekräftig.
Michael Schibilsky wurde am 14. August 1946 als Kind eines Pfarrers in Bielefeld geboren; er studierte Theologie in Bethel und Münster und war früh journalistisch tätig. Nach dem Examen zunächst wissenschaftlicher Angestellter an der Universität Münster, lernte Schibilsky 1976 als Vikar praktische Gemeindearbeit in Bergkamen kennen. Im gleichen Jahr promovierte er mit einer Studie zur Lebenswelt jugendlicher Randgruppen (»Die neue Religiosität und soziale Interaktion«).
Neun Jahre lang arbeitete Schibilsky als Pfarrer in Bottrop, bevor er 1987 eine Professur für Sozialethik und Anthropologie an der Ev. Fachhochschule in Bochum antrat. 1993 übernahm er die Leitung des Presseverbandes; seit 1997 war er Mitglied der bayerischen Landessynode. Am 24. Mai 2003 wurde Schibilsky (gemeinsam mit dem Berliner Richter Joachim Klasse) zum Vizepräses der EKD-Synode gewählt.
Michael Schibilsky war mit der Bielefelder Landeskirchenrätin Christel Schibilsky verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor.

Artikel vom 10.02.2005