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Zwei Millionen
für betrogene
Hamburger

Paderborn-Prozess: Waterink belastet

Von Matthias Reichstein
Frankfurt/Main (WB). Das manipulierte DFB-Pokalspiel zwischen dem SC Paderborn 07 und dem Hamburger SV (4:2) vom 21. August 2004 wird nicht wiederholt. Unter Vorsitz von Dr. Rainer Koch zog der unterlegene Erstligist im DFB-Sportgerichtsverfahren seinen Einspruch zurück und stimmte einem Vergleich zu.

Jetzt bekommt der HSV eine Gesamtentschädigung von zwei Millionen Euro, die sich so zusammen setzt: Im Herbst findet in der AOL-Arena ein Länderspiel gegen China oder Japan statt, die Einnahmen (geschätzte 1,2 - 1,5 Millionen) fließen an den Verein, der DFB zahlt jetzt schon 500 000 Euro und füllt die Restbetrag entsprechend auf.
Dem wirtschaftlichen Vorschlag gaben die Hamburger nach der Beratung mit DFB-Präsidenten Dr. Theo Zwanziger ihr Ja-Wort, sportlich hatte Koch auch einen anderen Ansatz parat: den HSV gegen den Sieger der Viertelfinal-Partie SC Freiburg - FC Bayern antreten zu lassen. Einer Idee, die der HSV zu 100 Prozent zugestimmt hätte, die aber Koch selbst schon nicht als realistisch erachtet hatte: »Da bräuchten wir die Zustimmung aller 36 Profiklubs.«
Der SC Paderborn 07 war nach der Beweisaufnahme praktisch aus dem Rennen. Der geständige Schiedsrichter Robert Hoyzer hatte Paderborns suspendierten Kapitän Thijs Waterink stark belastet. »Mach doch mal was«, soll Hoyzer dem Niederländer zugerufen haben, zu einem Zeitpunkt, als der HSV bereits 2:0 führte. Nach Hoyzers Angaben, dessen Vernehmungsprotokoll von Koch verlesen wurde, hat der Ex-Paderborner Andreas Zimmermann (jetzt 1. FC Kleve) den Kontakt hergestellt. Ein geplantes Treffen zwischen Hoyzer und Waterink vor dem Spiel soll der SC-Spieler abgelehnt haben. Waterink hatte aber zugegeben, von einem ihm Unbekannten vor dem Spiel 10 000 Euro als Siegprämie erhalten zu haben. Zu einer möglichen Verwicklung von Alexander Löbe, der den zweiten Strafstoß herausgeholt hatte, konnte Hoyzer nichts sagen. Er gab aber an, Löbe sei nach dem Spiel in seiner Kabine gewesen. Das sei schon sehr auffällig gewesen.
Aussagen, die der Vorsitzende Koch als »sehr glaubwürdig« einstufte, gegen die sich Paderborns Rechtsbeistand Rüdiger Völkel aber vehement wehrte. »Wir zweifeln den Wahrheitsgehalt der Angaben Hoyzers nach wie vor stark an. Außerdem hat uns Waterink mehrfach und auch an Eides statt versichert, nichts von der Manipulation Hoyzers gewusst zu haben.« Der Niederländer war vom Sportgericht als Zeuge vorgeladen worden, erschien auf Anraten seines Paderborner Anwalts Jost Ferlings aber nicht in der DFB-Zentrale: »Solange ich keine komplette Akteneinsicht habe, wird sich Waterink öffentlich nicht äußern.«
Zuvor hatten beide Klubs darüber diskutiert, ob nach der gültigen DFB-Spielordnung der Einspruch des HSV überhaupt berechtigt war. Nach Meinung des SCP, vertreten durch den gut vorbereiteten Völkel, Geschäftsführer Michael Born und Vize-Präsident Martin Hornberger, nicht. Der Drittligist berief sich auf die Paragrafen 10 (nächste Pokalrunde ist schon gespielt) und 17 (Einspruch muss spätestens zwei Tage nach dem Spiel erfolgen), was der Kontrollausschussvorsitzende Horst Hilpert deutlich kommentierte: »Hier handelt es sich nicht um einen Sportrechtsfall, das ist ein Kriminalfall.«
Aber auch die HSV-Spitze bekam von dem Juristen noch einen guten »Rat«: »Lassen sie mal die Kirche im Dorf, ziehen sie ihren Einspruch zurück und stimmen sie einem Vergleich zu.«

Artikel vom 12.02.2005