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Happy Birthday, Las Vegas!
Das Zocker-Paradies wird 100 Jahre alt und sonnt sich im Glanz der Box- und Bühnenstars
Alles ist ein bisschen funkelnder, größer und teurer in Las Vegas. Was also wäre ein passendes Geschenk zum 100. Geburtstag des ZockerParadieses? Der Amerikaner Steve Wynn hatte die Lösung: Er baute für 2,5 Milliarden Dollar ein Resort der Superlative.
Und weil die Uhren in Las Vegas anders ticken, ist Luxus dort keine Frage der Exklusivität. Im Gegensatz zum Luxushotel »Burj-al-Arab« in Dubai, wo man mindestens 1000 Euro für eine Übernachtung hinblättern muss und Flaneure unerwünscht sind, heißt es in den mondänen Hoteltempeln am »Strip« ausdrücklich: »Hereinspaziert«!
Damit die Massen strömen, wird spektakulär gebaut und mit Superlativen geklotzt. Da starten Achterbahnen auf Wolkenkratzerdächern und wurde der Pariser Eiffelturm kopiert. Das Zentrum von Venedig entstand inklusive Dogenpalast, Kanal und Gondeln im Kleinformat - eine riesige Pyramide lässt das Vorbild in Ägypten als klein und unbedeutend erscheinen. Dagegen erscheint der Klassiker aller Themen-Resorts, das »Caesar's Palace«, heute rührend kitschig und antiquiert...
Verschwenderischer Luxus und opulente Shows ordnen sich in Las Vegas einem einzigen Zweck unter: Sie sollen die Massen anlocken. Denn im Mittelpunkt aller Hotels befinden sich die Casinos. Roulette, Keno und Black Jack, mehr aber noch die »einarmigen Banditen« spielen satte Gewinne für Lizenzinhaber und Betreiber ein. Nirgendwo in den USA kann man so billig in Luxushotels übernachten wie in Las Vegas. Vom Speisen mal ganz abgesehen: Frühstück für 1,99 Dollar, Mittagessen für 2,99 Dollar, Dinner-Büffet für 3,99 Dollar: Bei diesen Preisen stehen Hungrige auch gerne Schlange. Und was das Hotel dabei draufzahlt, wird im Casino doppelt und dreifach wieder hereingeholt.
Das hätten sich die Entdecker der Region 1829 nicht träumen lassen. Antonio Armijo, ein Kaufmann aus dem heutigen New Mexico, organisierte 1829 eine Handelsexpedition nach Kalifornien. Sein Gehilfe Rafael Rivera erkundete die Route und könnte der erste Camper im Raum Las Vegas gewesen sein.
Dem Kartographen John C. Fremont, dessen Name auch heute noch allgegenwärtig in Las Vegas ist, kam die Ehre zu, den Ort als erstes auf einer Landkarte verzeichnet zu haben. 20 000 Exemplare wurden davon verteilt, doch es dauerte 16 Jahre, bis Mormonen aus Utah sich  niederließen. Zu heiß, zu trocken, zu abgelegen - die Natur verlangte Askese. Aber da war ja auch noch die Eisenbahn... Eine Landauktion im Jahr 1905 markierte schließlich die offizielle Gründung der Stadt.
Schon 1926 fand der erste kommerzielle Flug nach Las Vegas statt, und die junge Stadt bekam durch einen gigantischen Plan eine glänzende Perspektive: 1931 begann der Bau des Hoover-Staudammes im Black Canyon. Zugleich erlaubte der Staat Nevada in seinen Grenzen das Glücksspiel.
Wer heute in Las Vegas Geschichte erfahren will, sollte sich das »El Rancho« anschauen. Es war 1941 das erste Hotel am »Strip«, wie der Las Vegas Boulevard kurz genannt wird. Bei der Eröffnung am 3. April konnten dort 126 Gäste nächtigen. Der Boom nahm seinen Anfang. Benjamin »Bugsy« Siegel eröffnete am 26. Dezember 1946 das »Flamingo«, ihm folgten das »Sahara« und das »Sands«.
Mit den Casinos hielten die schillernde Halbwelt, das organisierte Verbrechen, aber auch berühmte Stars Einzug in Las Vegas. Da in den USA Show und Sport eng zusammen gehören, dient Las Vegas immer wieder als Kulisse für spektakuläre Boxkämpfe. Von Muhammad Ali bis zu den Klitschko-Brüdern reicht die Palette der großen Faustkämpfer, die dort antraten. Aus deutscher Sicht ebenso tragisch wie spannend: Axel Schulz verlor umstritten gegen Box-Opa George Foreman. Das schlagzeilenträchtigste Duell lieferten sich allerdings Mike Tyson und Evander Holyfield: Dreimal traten sie in Las Vegas gegeneinander an, unvergessen bleibt jedoch der Kampf vom 28. Juni 1997, als Tyson seinem Kontrahenten einen Teil des Ohres abbiss.
Alternde Musik-Stars füllen die großen Säle: Tom Jones war in Las Vegas ein Zugpferd, als ihn in Europa kaum noch jemand wahrnahm. Der wohl schillerndste Paradiesvogel war jedoch Show-Pianist Liberace, der im Rolls Royce auf die Bühne fuhr, der Nobelkarosse im Hermelinmantel entstieg und mit großberingten Fingern feurige Glissandi und Tremolos aus dem Instrument perlen ließ. Heute sind Elton John und Céline Dion die Stars der Show-Metropole.
Ein weiteres Markenzeichen von Las Vegas sind die zahlreichen Hochzeitskapellen. Nirgendwo auf der Welt kann man so unbürokratisch und skurril zugleich heiraten. Ein Elvis-Double als Priester gefällig? Kurz-Hochzeit in der Drive-In-Kirche? Opulente Feier mit allem Schnickschnack? Nichts ist unmöglich!
Das Glücksspiel indes bildete stets den Mittelpunkt, es schwemmte 1975 erstmals mehr als eine Milliarde Dollar an SteuergeldernÊin die Kassen von Nevada. Trotzdem gefällt den Stadtvätern das Image vom Zockerparadies nicht sonderlich. Da kam es recht, dass 1989 das Hotel »Mirage« eröffnete und das deutsche Zauberer-Duo »Siegfried & Roy« mit ihren weißen Tigern fortan für »tierische« Schlagzeilen sorgten. 1993 öffnete das MGM-Grand, das damals größte Hotel der Welt mit 5005 Zimmern, seine Pforten.
Während am »Strip« ein Superlativ den anderen jagte, verkam Downtown Las Vegas mehr und mehr. Dem wirkte die Stadt entgegen: 1995 wurde die Fremont Street zur Fußgängerzone und zu diesem Zweck mit zwei Millionen Lampen »überdacht«. Dennoch galt stets: Hinter der Glitzerfassade rangierte oft nur Durchschnitt. So dauerte es tatsächlich bis zum 15. Oktober 1998, ehe das Spielerparadies auch ein Fünf-Sterne-Hotel bekam: das »Bellagio«.
Die Jubiläumsfeiern beginnen am 7. Mai mit einer Parade von Flugzeug-Oldtimern. Vom 10. bis 15. Mai heißt es »Helldorado Days«, wenn die Kulisse des historischen Las Vegas aufgebaut wird. Am 14. Mai zieht die größte Parade, die die Stadt jemals gesehen hat, über den »Strip«. Der eigentliche Geburtstag am 15. Mai beginnt mit einer Wiederholung der historischen Landauktion im Western Village. Abends wird die schwerste Geburtstagstorte der Welt angeschnitten und kostenlos verteilt. Thomas Albertsen
www.lasvegas.comwww.lasvegas2005.org

Artikel vom 19.02.2005