19.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Eine besondere Blume
Wie Greta vielen Menschen eine Freude machte
Oft sind es kleine Dinge, die ein Lächeln aufs Gesicht der Lieben zaubern. Davon handelt diese Geschichte.
Greta lag mit ihrem Bauch auf der grünen, nach Sommer duftenden Wiese und beobachtete die vielen Blumen, die in Omas Garten wuchsen. Kleine weiße Gänseblümchen und gelbe Butterblümchen reckten ihre Köpfe gen Himmel. Aber was war das? Mitten auf der großen Wiese stand eine einzelne, groß gewachsene Blume, die sich von den anderen unterschied.
Ihre Blütenblätter glichen roten Herzen und ein süßer Honigduft strömte aus ihrem Kelch. Das musste diese besondere Hab-Dich-Lieb-Blume sein, von der Greta mal gehört hatte. Wer eine solche Blume entdeckt, darf sie vorsichtig aus der Erde ziehen und einer Person schenken, die er besonders mag. So umfasste sie den zarten Stängel, zog an ihm und rannte mit der Blume in der Hand ins Haus zurück. Sie ging in die Küche zu ihrer Oma und überreichte ihr die leuchtende Blume mit einem feierlichen Glanz in den Augen.
»Eine Hab-Dich-Lieb-Blume für Dich, Oma!«, sagte sie, umarmte ihre Großmutter und drückte sie fest an sich. Die Oma, die den ganzen Tag müde und abgespannt war, freute sich sehr und lächelte. Sie nahm die Blume und stellte sie in die Küche. Als der Opa von der Arbeit nach Hause kam, ging sie zu ihm herüber und nahm in genauso fest in den Arm, wie es Greta zuvor getan hatte. Sie gab ihm einen Kuss und überreichte ihm die Blume. »Eine Hab-Dich-Lieb-Blume für meinen allergrößten Schatz!«, flüsterte sie ihm ins Ohr. Auch auf seinem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus, das die überflüssigen Sorgenfalten verdrängte.
Am Nachmittag ging Opa zu Gretas Tante Mona. Jeden Samstagnachmittag fuhr sie mit ihm einkaufen, weil er und Oma kein eigenes Auto hatten. Nachdem alle Dinge besorgt waren, brachte Mona ihn wieder nach Hause. Als sie sich verabschiedeten, übergab Opa ihr die wunderbar leuchtende Blume, sagte: »Eine Hab-Dich-Lieb-Blume für Dich, weil Du mir immer so lieb hilfst«, und drückte sie. Mona grinste. Die ganze Fahrt hatte sie sich über den Verkehr und die vielen unvorsichtigen Autofahrer geärgert, aber nun freute sie sich sehr. Sie steckte die Blume ein und fuhr nach Hause.
Abends besuchte sie Gretas Mutter. Sie stand im Flur, als Mona ihr eine rote Blume in die Hand drückte und ihr zuflüsterte: »Eine Hab-Dich-Lieb-Blume für Dich, weil Du immer für mich da bist!«. Gretas Mutter war so gerührt, dass sie ihre Schwester herzlich in die Arme schloss. Als es Abend wurde, ging Greta ins Bett und rief ihre Mutter, um Gute-Nacht zu sagen. Diese kam ins Zimmer und gab ihrer Tochter einen Kuss. Dann zog sie hinter ihrem Rücken die immer noch leuchtend rote Blume hervor und sagte: »Eine Hab-Dich-Lieb-Blume für Dich, mein Schatz, weil Du so bist, wie Du bist!«.
Gretas Augen funkelten vor Freude. Es war schön gewesen, eine Hab-Dich-Lieb-Blume zu verschenken, aber es war noch ein klitzekleines Stückchen schöner, sie selbst von einem lieben Menschen geschenkt zu bekommen. Sie holte eine kleine Vase und stellte die herrlich duftende Hab-Dich-Lieb-Blume auf ihre Fensterbank. Und bevor sie einschlief, nahm sie sich vor, am nächsten Tag wieder so eine tolle Blume zu finden, um anderen eine Freude zu bereiten.

Artikel vom 19.02.2005