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Nur im Team sind sie stark

Alpine Ski-Weltmeisterschaft: Deutschland gewinnt Mannschaftspremiere

Bormio (dpa). Goldiger Jubel statt grauer Tristesse: Die deutschen Skirennfahrer haben mit dem Gewinn des Teamwettbewerbs ihre Bilanz bei der Alpin-WM doch noch aufpoliert.

Bei aller Freude über die erste Medaille dieser Titelkämpfe und das 100. WM-Edelmetall für den Deutschen Skiverband (DSV) insgesamt wussten auch die Verantwortlichen den Erfolg im erstmals ausgetragenen Mannschaftsrennen einzuschätzen. »Wir lassen uns nicht blenden. Wir werden die Einzelergebnisse analysieren«, sagte DSV-Alpinchef Walter Vogel. »Es war trotzdem ein Zeichen. Man hat gesehen: Wir leben noch.«
Immerhin riss die schwarze Serie bei Großereignissen: Nach 26 medaillenlosen Wettbewerben seit Martina Ertls Olympia-Bronze in der Kombination 2002 gab es wieder Edles. Zum Abschluss lagen gestern Monika Bergmann-Schmuderer, Martina Ertl, Hilde Gerg, Florian Eckert, Andreas Ertl und Felix Neureuther nach je vier Super-G und Slalomläufen mit 26 Strafpunkten vor Österreich (29) und Frankreich (38).
Vor dem Teamwettbewerb war das deutsche Abschneiden in Bormio zwar enttäuschend, aber nicht so desaströs wie bei den medaillenlosen Titelkämpfen vor zwei Jahren in St. Moritz gewesen. »Das Ergebnis ist mit Sicherheit nicht image- und aufbruchfördernd«, lautete Vogels Bilanz nach den zehn Einzelentscheidungen.
Die Herren hatten ihren Aufwärtstrend zwar nicht mit Edelmetall, aber mit guten Ergebnissen wie Florian Eckerts überraschenden sechsten Platz im Super-G untermauern können. Ohne den verletzten Slalomfahrer Alois Vogl wären Podiumsplatzierungen ohnehin eine Sensation gewesen. »Wir lassen uns von diesem Ereignis nicht beeinflussen, weil wir wissen, dass wir auf dem richtigen Weg sind«, sagte Cheftrainer Werner Margreiter, der ebenso wie sein Damenkollege Wolfgang Maier eine weitere Saison bis April 2006 im Amt bleibt.
Die Damen hingegen konnten in den Einzelentscheidungen ihre Zugehörigkeit zur Weltspitze beim dritten Großereignis hintereinander nicht bestätigen. »Wir haben unser Ziel nicht erreicht. Wir wollten eine Einzelmedaille gewinnen«, sagte Cheftrainer Maier. Pech ist eine, aber nicht die einzige Erklärung: Der Kreuzbandriss von Maria Riesch brachte die ohnehin kleine Mannschaft bereits vor WM-Beginn um eine mehrfache Medaillenaspirantin. Hinzu kamen die geklauten Rennski von Monika Bergmann-Schmuderer oder die Gehirnerschütterung von Martina Ertl, die im Riesenslalom nur um 4/100 Sekunden an Bronze vorbeischrammte. »Wir stehen unter einem schlechten Stern. Aber egal, wir sind immer wieder aufgestanden«, sagte Maier.
Zwar sind die Weltcup-Ergebnisse der vergangenen Jahre vorzeigbar, auffallend sind jedoch die schwachen Resultate ausgerechnet im Fokus internationaler Großereignisse. »Ich weiß auch nicht, wie wir es anders machen sollen«, ist Maier ratlos und setzt auf das Prinzip Hoffnung: »Es kommen immer wieder Zeiten, in denen wir vorne sind«, sagte der Coach.
Bei ihrer letzten WM hatte insbesondere Hilde Gerg Rätsel aufgegeben und wieder einmal enttäuscht. Nicht nur beim schlechtesten deutschen Super-G-Ergebnis der WM-Geschichte war auf der Suche nach Erklärungen viel von »aggressivem Schnee« die Rede, der bereits vor zwei Jahren in St. Moritz deutsche Medaillenhoffnungen hinweg gefegt hatte. Bei niedrigen Temperaturen und entsprechender Schneekonsistenz sind die deutschen Damen nicht konkurrenzfähig.
Zu den Verlieren dieser Weltmeisterschaft gehört der Weltskiverband FIS. In Bormio und Santa Caterina kam nie WM-Stimmung auf. Aus den avisierten 100 000 wurden nur etwa 30 000 Besucher.

Artikel vom 14.02.2005