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Kleine »Meerjungfrau«
hofft jetzt auf rettende OP

Mädchen lebt mit zusammengewachsenen Beinen

Lima (AP). Milagros Cerron lacht, plappert und zappelt in den Armen ihrer Mutter wie jedes gesunde, neun Monate alte Kind. Aber sie ist kein gewöhnliches Baby: Milagros' Beine sind zusammengewachsen, was ihr die Anmutung einer Meerjungfrau gibt.Dr. Luis Rubio betreut die kleine Milagros, deren Beine zusammengewachsen sind. Foto: AP

»Als ich sie zum ersten Mal sah, hat es mir wehgetan«, sagt ihre Mutter, die 19-jährige Peruanerin Sara Arauco. Ich dachte: »Was wird sie mit ihrem Leben anfangen? Wird Gott sie mir nehmen oder nicht?«
Ein peruanisches Ärzteteam will nun versuchen, die Beine des Mädchens operativ zu trennen. Der etwa fünfstündige Eingriff ist für den 24. Februar vorgesehen. Die Mediziner hoffen, dass Milagros später ein normales Leben führen kann. »Unser Traum ist, dass Milagros rennen, gehen und spielen kann wie jedes normale Kind«, sagt Luis Rubio, der Leiter des Ärzteteams, in Lima.
Milagros wirkt jünger als neun Monate. Sie leidet an der seltenen Krankheit Sirenomelie, dem so genannten Meerjungfrauensyndrom. Es tritt bei 70 000 Geburten etwa einmal auf. Gegenwärtig sind weltweit drei Fälle von betroffenen, lebenden Kindern bekannt. Denn meistens sterben die Kinder kurz nach der Geburt wegen schwerer Organschäden. Doch Milagros - deren spanischer Name »Wunder« bedeutet - hat überlebt. Auch ihre Nieren, Harnwege sowie ihr Verdauungstrakt sind deformiert, doch konnten die Ärzte lebensbedrohende Infektionen abwenden. »Es gibt weltweit nicht viel Erfahrung mit diesem Krankheitsbild«, sagte der Arzt Rubio. »In unserem Land ist der Fall einzigartig.« Milagros' Vater, der 24-jährige Ricardo Cerron, sagt, als er sein Kind nach der Geburt zum ersten Mal gesehen habe, sei er verzweifelt gewesen. Der arbeitslose Elektrotechniker aus der Andenregion Chupaca brachte das Mädchen per Bus in ein Krankenhaus nach Lima, während sich seine Frau von der Geburt erholte.
Um Milagros' Beine auf die Operation vorzubereiten, werden Ärzte nach und nach Silikonbeutel zwischen ihre Knöchel und Knie einbringen, um die verbundenen Beine langsam zu trennen und die Haut zu dehnen. Zu Beginn der Operation müssen zunächst die Arterien und Venen, die die Beine umgeben, entflochten werden. In den nächsten zehn bis 15 Jahren kommen auf Milagros weitere Eingriffe zu, um ihre Füße auszurichten und die Harnwege und Genitalien zu rekonstruieren.
»Ich vertraue darauf, dass meine Tochter das gut übersteht«, sagt ihre Mutter. »Ich vertraue darauf, dass sie wie ein normales Kind sein wird.«

Artikel vom 09.02.2005