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Die Botschaften eingespannt

Dokumente zur »Methode Volmer« entdeckt - Auch Verheugen schweigt

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Der ehemalige grüne Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer, hat offenbar deutsche Diplomaten um Unterstützung bei Privatgeschäften gebeten. Dabei erzielte Einnahmen von 400 000 Euro entsprechen nicht der üblichen Provision.
Wofür kassierte Ludger Volmer 400 000 Euro?

Nach Dokumenten, die der Tageszeitung »Die Welt« vorliegen, hat Volmer deutsche Botschaften im Ausland für seine Lobbyfirma Synthesis benutzt. Zitiert wird aus Gesprächsprotokollen, E-Mails und Monatsberichten der Synthesis. Demnach wurde vor einer Geschäftsreise nach Vietnam, bei der es um den Verkauf von Personalausweisen ging, der deutsche Botschafter in Hanoi und dessen Gesandter mit einer E-Mail der Synthesis vom 9. März 2004 kontaktiert: »Herzliche Grüße von Dr. Ludger Volmer. Er legt ausdrücklichen Wert auf exponierte Übermittlung dieser Grüße an Sie beide.«
Die »Methode« von Volmers Firma ist Kunden offenbar folgendermaßen präsentiert worden: »Beim Botschafter/Botschafterin auf dem Schoß sitzen - die wesentlichen Gesprächspartner treffen - diese und weitere Wirtschaftsvertreter über Botschaft zusammenführen.« Synthesis soll außerdem mit »besten Kontakten zu Weltkonzernen« geworben haben.
Pikant sind auch die Vermerke, bei Behördenchefs wie Innenminister Otto Schily und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement könne die »Unterstützung auch aktiver erfolgen durch begleitende Kontakte«. Unter »Kontakten« werden in Synthesis-Schreiben EU-Kommissar Günter Verheugen (SPD) und die ehemalige EU-Finanzkommissarin Michaele Schreyer (Grüne) geführt. Beide Politiker äußerten sich gestern bis Redaktionsschluss nicht zu den Vorwürfen. Auch Bundesaußenminister Joschka Fischer hat bislang sowohl zu Volmers Erlass wie zu Volmers Honorar geschwiegen.
Obwohl nie ein Vertrag für die Bundesdruckerei zustande kam, habe Synthesis vertraglich branchenunübliche Tagessätze in Höhe von 2500 Euro plus Reise- und Hotelkosten zugesichert, heißt es im »Welt«-Bericht weiter.
Volmer selbst hatte zuvor 400 000 Euro Vergütung für Honorare und Spesen durch die Bundesdruckerei eingeräumt, zugleich aber darauf verwiesen, dass die Geschäfte unter anderem mit Südafrika und Vietnam nicht zustande gekommen seien. Ein von dieser Zeitung befragter Branchenkenner hält das für unmöglich: »Honorare werden nur bei Erfolg gezahlt.« Im übrigen sei auf dem asiatischen Markt eine Geschäftsanbahnung über Botschaften absolut dilettantisch. Weiter heißt es aus dieser Quelle: »Das geht ganz anders.« In dem relativ engen Markt für sicherheitsrelevante Druckerzeugnisse sei die Volmer-Firma unbekannt. Das wiederum wirft in der politischen Bewertung die Frage auf, wofür 400 000 Euro gezahlt wurden. Der Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Obmann im U-Ausschuss »Visa- und Schleuserkriminalität«, Eckart von Klaeden, nannte Volmers Vorgehen deshalb »die dreisteste Verquickung von Amt und Mandat, die mir bisher untergekommen ist«.
Es sei geradezu abenteuerlich, dass die Grünen nicht erkennen wollten, wie anrüchig Volmers Treiben sei. Klaeden: »Synthesis heißt Verbindung. Man kann es aber auch mit Verquickung - von Amt und Mandat - übersetzen.«

Artikel vom 11.02.2005