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Christliche Grundwerte haben
immer noch ihren festen Platz

Auch die CDU muss sich mitunter wieder auf das »C« im Kopf besinnen

Bielefeld (WB). Christliche Grundwerte sind in den Köpfen der Bürger fester verankert, als leere Kirchen und Tagespolitik vermuten lassen. Reinhard Brockmann sprach mit Antonius Rüsenberg, dem Kirchen-Beauftragten der CDU-Landtagsfraktion.
CDU-Kirchenbeauftragter Antonius Rüsenberg

Das »C« als Zierde im Parteinamen wird bei der Union mitunter vergessen, oder nicht?Rüsenberg: In Teilbereichen gibt es dieses Fragezeichen. Dennoch ist und bleibt es unser Ziel, die Orientierung am christlichen Menschen- und Gesellschaftsbild in praktische Politik umzusetzen.

Die Kirchen haben sich von der Union, die Union hat sich von den Kirchen entfernt...Rüsenberg: Als Beauftragter in Kirchenfragen stelle ich fest, dass es auf allen Ebenen der katholischen und evangelischen Kirche, aber auch in den Gliederungen der CDU das gemeinsame Bemühen gibt, diese Gesellschaft nach christlichen Grundsätzen zu prägen. Allerdings arbeiten wir dabei auf unterschiedlichen Ebenen. Wir müssen wieder mehr zueinander finden - sowohl in der Zielsetzung wie in der praktischen Zusammenarbeit. Es ist richtig, dass es hier über zwei Jahrzehnte eine gewisse Entfremdung gegeben hat.

Meist wird doch tagespolitisch entschieden - aber nicht entlang der großen gemeinsamen Grundlinie. Rüsenberg: Genau das fordere ich ein. Selbstkritisch muss ich sagen, dass die Feststellung in dieser Frage durchaus zutrifft. Der kurzfristige Beifall des Tages darf nicht entscheidend sein. Wir müssen langfristig in Zusammenhängen denken und die Prinzipien der christlichen Soziallehre unserem Handeln zugrunde legen. Personalität, Freiheit, Subsidiarität und Gerechtigkeit sollten die Maßstäbe des Handelns sein.

Die Nagelprobe kann manchmal ganz banal sein, wenn es etwa um den Sonntagsbetrieb von Waschanlagen und Videotheken geht.Rüsenberg: Die CDU hat im Landtag klar gesagt, dass für uns der Schutz des Sonntags absoluten Vorrang hat. Glasklar ist unsere Haltung auch in Sachen Bio- und Gentechnologie, Vermeidung von Spätabtreibungen und werteorientierter Bildungspolitik in NRW. Christliches Gewissen ist auch gefragt, wenn es um Lebensschutz von Anfang an und bis zum letztem Atemzug geht.

Sie werden in Fragen der Abtreibung mit den Grünen nie auf eine Linie kommen. In der Gentechnik dagegen gibt es sehr viel Gemeinsames. Schwarz-Grün bleibt unmöglich?
Rüsenberg: In diesem Punkt gibt es die Koalition. Die politischen Aussagen sind fast deckungsgleich - auf Landes- wie auf der Bundesebene. Einerseits haben wir diese Einigkeit, aber beim Paragraphen 218 sind die Grünen Welten von uns entfernt. Das ist etwas, was ich nicht verstehen kann. Insoweit sind Koalitionen doch nicht absehbar.

Der Glauben verdunstet, aber in den Köpfen sind die christlichen Grundwerte weiterhin breit vertreten. Ein Schatz, den man heben kann?Rüsenberg: Dem stimme ich nachdrücklich zu. Auch wenn Gläubige nicht mehr jeden Sonntag in die Kirche gehen, denken und handeln sie dennoch weiter nach christlichen Grundwerten. Das müssen wir erschließen. Das ist eine neue Aufgabenstellung für kirchliche Sozialverbände aber auch für die Partei. Wir müssen von beiden Seiten auf die Menschen zugehen, um die Werteorientierung in der Gesellschaft noch präsenter zu machen.

Und in der Schule dreht sich alles um Betreuung und Fitmachen für den Arbeitsmarkt...Rüsenberg: Bildung darf nicht nur vorrangig Wissensvermittlung sein. Es geht um Persönlichkeitsentwicklung und die Aneignung sozialer Fähigkeiten. Die Erziehungsziele sind hervorragend in Artikel sieben der Landesverfassung formuliert: ÝEhrfurcht vor Gott, Achtung vor der Würde des Menschen und die Bereitschaft zum sozialen Handeln zu wecken ist vornehmstes Ziel der Erziehung.Ü Soweit das Zitat. Ich wünschte mir, dass dieses in der Bildungspolitik stärker als bisher Beachtung finden würde.

Artikel vom 12.02.2005