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Lehrer stellt
Strafanzeige

Schulboykott: Staatsanwalt ermittelt

Von Ernst-Wilhelm Pape
Paderborn (WB). Die Staatsanwaltschaft Paderborn hat ein Strafverfahren gegen die Geschäftsführerin des Vereins »Schule zu Hause« (SchuzH), Ingrid Guenther, aus dem hessischen Dreieich eingeleitet.
Soll endlich handeln: Ministerin Ute Schäfer.
Im Fall der Paderborner Schulverweigerer werde der Geschäftsführerin üble Nachrede vorgeworfen, sagte Oberstaatsanwalt Günter Krüssmann dieser Zeitung. Strafanzeige habe ein betroffener Grundschullehrer gestellt. Der Verein vertritt die sieben baptistischen Elternpaare aus dem Kreis Paderborn, die aus religiösen Gründen schon insgesamt 15 Kinder nicht zur Schule schicken, sondern zu Hause unterrichten. Guenther hatte im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt, dass in einer staatlichen Schule die Menschenwürde der Kinder missachtet und im Sexualkundeunterricht ihre persönliche Intimsphäre aufs Massivste verletzt werde.
Auch die Lehrergewerkschaft Verband Erziehung und Wissenschaft (VBE) prüft nach Angaben ihres Vorsitzenden Udo Beckmann rechtliche Schritte gegen die Geschäftsführerin. Guenther habe Lehrer beleidigt und Inhalte des Lehrplans diffamiert, sagte Beckmann. NRW-Schulministerin Ute Schäfer (SPD) müsse endlich etwas unternehmen.
Wegen Verstoßes gegen die Schulpflicht hat der Kreis Paderborn nicht nur gegen die sieben baptistischen Elternpaare Bußgeldbescheide in Höhe von jeweils 500 Euro erlassen. Auch die Verantwortlichen des Vereins Schule zu Hause, Ingrid Guenther und ihr Ehemann Klaus Guenther, sollen jeweils 500 Euro Bußgeld zahlen.
Beim Vermittlungsgespräch mit den Schulverweigerern am Wochenende hätten die Eltern angekündigt, ihre Kinder in einer eigenen Ersatzschule unterrichten zu wollen. Nach Angaben der Bezirksregierung Detmold wollen die Eltern in wenigen Tagen einen detaillierten Antrag stellen und mitteilen, wie sie der gesetzlich vorgeschriebenen Schulpflicht nachkommen wollen, sagte Sprecherin Manuela Morath. Den Kompromiss, ihre Kinder in staatlich anerkannten Nachbarkommunen unterrichten zu lassen, hätten die Evangeliums-Baptisten abgelehnt. Bis zur Vorlage und Prüfung des Antrages werde es keine Zwangsvorführung der Kinder geben.
Auch Ralph Fleischhauer, Sprecher des Schulministeriums sagte, dass die Vollstreckung der angekündigten Zwangsmaßnahmen weiter ausgesetzt sei. Fleischhauer: »Es ist keine unmittelbare Gefährdung der Kinder zu erkennen, wenn sie weiter zu Hause unterrichtet werden.«

Artikel vom 08.02.2005