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Grenzverletzer müssen ihre Garage abreißen

Der Nachbarin 0,6 Quadratmeter geklaut

Bielefeld (uko). Bei einem Grenzübertritt ist es nach Ansicht von Hans-Dieter Dodt »wie beim Vaterschaftstest: So lange niemand etwas merkt, ist alles in Ordnung«, sagt der Vizepräsident des Landgerichts. Seine Zivilkammer musste jetzt eine Grenzverletzung der besonderen Art entscheiden: Ein Bielefelder Ehepaar hatte eine »Garage« wenige Zentimeter auf ein Nachbargrundstück gebaut. Jetzt droht der Abriss des Gebäudes.

Das Gebäude des Anstoßes steht auf einem Grundstück zwischen der Weststraße und der Ellerstraße: Bis zum Jahr 2000 stand dort auf dem Areal der Familie V. - gemauertes Fundament direkt auf der Grenze zum Nachbargrundstück der Witwe B. - ein baufälliges Gartenhaus. Alfons und Sieglinde V. (alle Namen geändert) ließen das Häuschen abreißen, wollten eines Neues bauen. Für die Baugenehmigung jedoch brauchte das Ehepaar die Zustimmung der Nachbarin, und die Dame weigerte sich ganz entschieden.
Kurzentschlossen widmete das Ehepaar das Vorhaben in eine »Garage für drei Kleinkrafträder« um, denn ein solches Gebäude war ohne Genehmigung zu errichten. Nach dem Bau fiel das Ehepaar indes aus allen Wolken: Die Kleinkrafträder-Garage ragte auf der Breite bis zu 35 Zentimeter über die Grenze zur Nachbarin Edwina B. hinaus; insgesamt hatten sie damit vom Nachbargrundstück 0,6 Quadratmeter abgezwackt.
Edwina B. reichte Klage zum Amtsgericht Bielefeld ein: Die Überbauung müsse beseitigt werden. Ein Amtsrichter bejahte in einer Verhandlung demnach eine »Eigentumsbeeinträchtigung«. Da die Witwe das Gebäude auch nicht dulden müsse, gab das Amtsgericht der Klage statt.
In zweiter Instanz vor dem Landgericht argumentierte das Ehepaar nun, man habe doch »auf den alten Fundamenten gebaut«. Konterte Kammervorsitzender Hans-Dieter Dodt: »Man kann eine Grenze aber nur durch Grenzsteine bestimmen.« Man habe sich vor dem Bau der Garage nicht darauf verlassen dürfen, dass »dort früher ein Schuppen stand«. Dodt: »Wenn ein Eigentümer auf seinem Recht (und damit auf der Grenzziehung) beharrt, dann muss man sich beugen.« Ob die »Durchsetzung dieses Rechts vernünftig« sei, das stehe dahin.
Schließlich musste das Ehepaar auch noch zugeben, dass der Bau einer Kleinkrafträder-Garage eigentlich auch eine Provokation gewesen war: Immerhin verfügt die Familie gerade mal über ein Moped. Hans-Dieter Dodt bemerkte daher, man habe schon »ein bisschen zur Verärgerung« der Nachbarin beigetragen.
Rechtsanwalt Martin Mücke hat jetzt für die Klägerin Edwina B. Zwangsmittel angedroht. Damit sind die Tage für die Kleinkrafträder-Garage gezählt. Das Gebäude wird demnächst abgerissen. Az. 21 S 229/04

Artikel vom 08.02.2005