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Leitartikel
Clements Auftritte

»Eigentlich«
kann
jeder sagen


Von Rolf Dressler
Herrje und Kreuzdonnernoch- einmal, Karnevals- und Faschingsdeutschland lässt's zünftig krachen. Zumindest bis zum katerigen Aschermittwoch ist Frohsinn angesagt. Und wie es sich gehört, lacht die Februar-Sonne mit den total jecken Jecken um die Wette.
So bitterböse schlecht kann es den Leuten also doch eigentlich gar nicht gehen. Oder ist dies alles nichts als verführerisch schöner, trügerischer Schein?
Mit der Wahrnehmungsfähigkeit des breiten Publikums indes steht es bekanntlich selbst in den vier sogenannten normalen Jahreszeiten nicht gerade zum Besten. Und das hat mehrerlei gute, schlechte Gründe. Ganz obenan die - je nachdem - verdeckte oder unverblümt grobschlächtige Propaganda für die rot-grüne Machterhaltungssache und damit zu Lasten der bürgerlichen Opposition, die ganz offenkundig noch immer nach der richtigen (Wahlkampf-)Form sucht. Und nach einem überzeugenden personellen und programmatisch-praktischen Gegenentwurf zu der Phalanx Schröder/Fischer/Clement.
Ein schwieriges Geläuf. Was fällt CDU/CSU und FDP denn konkret dazu ein, dass sogar die Büttenredner landauf, landab kaum ein gutes Haar namentlich auch an Parteichefin Angela Merkel lassen? Vieles davon mutet beinahe an, als werde es großzügig direkt aus dem Werbeetat der Bundesregierung finanziert.
Unterstützend wirkt zum Beispiel auch das ZDF-»Heute Journal«. Originalton der Nachrichtengebung vom 26. Januar 2005 - man beachte Wortwahl-Raffinesse: »Es geht aufwärts in Deutschland! ... Das jedenfalls erwartet die Bundesregierung...«
»Es geht aufwärts« - diese Bot- schaft bleibt wenigstens für den Augenblick hängen beim Publikum. Strategenziel erreicht.
Ob Wirtschaftsminister Wolfgang Clement deshalb tagelang so unverfroren süffisant in die Kameras grinste, als er verkündete, dass es im aktuellen Schre- ckensmonat Februar 2005 noch erheblich dicker kommen werde mit dem Zuwachs bei den Arbeitslosen? Man erinnert sich: Sein Kanzler wollte speziell ihn politisch in Haftung nehmen für alles, was in der Arbeitsmarktpolitik fehllaufe. Darauf jetzt angesprochen, spöttelte Clement aber nur: »Ich mache mir keine Sorgen, und Sie sollten sich um mich auch nicht sorgen.« Basta.
»Ich habe ein absolut reines Gewissen« - diese brechreizverdächtige Zumutung muss das Steuerzahler- und Wähler-Volk sich heute öfter denn je anhören: von Wetten-dass-Zockern in Schiedsrichter-Kluft, von erfolglosen »Super«-Managern, von grün-roten Massenvisa-Erteilern (Stichwort: Ludger Volmer/Joschka Fischer) und von Berufspolitikern ohne rechtes Maß und Augenmaß für die Vergütung für Lobby- und Strippenzieher-»Nebentätigkeiten«, die - oh, Wunder und warum wohl? - da und dort sogar höher bezahlt werden als das hehre, eigentlich doch nur dem Gewissen verpflichtete, unabhängige Volksvertretertum.
Das »eigentlich« wabert überall.

Artikel vom 08.02.2005