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G7 stellen Schuldenerlass
in Aussicht

Arme Länder müssen weiter warten

London (dpa). Die Finanzminister der sieben größten Industriestaaten (G7) haben den ärmsten und am höchsten verschuldeten Ländern einen weit reichenden Schuldenerlass in Aussicht gestellt.

Auch wenn sich die Ministerrunde nicht auf ein umfassendes Hilfsprogramm für die Dritte Welt einigen konnte, zog der federführende britische Schatzkanzler Gordon Brown eine positive Bilanz. Im Rückblick werde man einmal sagen, das G7-Treffen in London sei das »Treffen des 100prozentigen Schuldenerlasses« gewesen, sagte Brown.
Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) sagte dazu, nun müssten zunächst erst einmal Pläne zur Umsetzung dieses Projekts erarbeitet würden. Man werde sich auch bei dem Schuldenerlass jedes Land genau anschauen, Fall für Fall. »Mit dem Herzen sind wir alle dabei (...), es reicht aber nicht, mit dem Herzen dabei zu sein, man muss es auch solide finanzieren können«, sagte Eichel nach dem Treffen.
Nach den Worten Browns einigten sich die Minister auf »Pläne« für einen »bis zu 100prozentigen Schuldenerlass« für »bis zu 37 Länder«. Ein vollständiger Schuldenerlasses soll nach den Plänen von den Verhältnissen im jeweiligen Land abhängigig gemacht werden, so dass etwa Staaten mit hoher Korruption nicht in den Genuss einer kompletten Entschuldung kämen. »Die reichen Länder haben den Armen zugehört«, sagte Brown. Eine endgültige Entscheidung solle möglichst beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der G8 im Juli in Schottland getroffen werden.
Ein von Großbritannien vorgeschlagener Milliardentopf für die ärmsten Länder, die so genannte International Financing Facility (IFF), scheiterte am Widerstand der USA. Eichel sprach sich für ein kleines Pilotprojekt, ein afrikanisches Impfprogramm aus, um das Instrument eines IFF zu testen. Allerdings müsse von Anfang an die Finanzierung sichergestellt sein. Dass mit den Amerikanern nichts zu machen sei, habe den Vorteil, vielleicht etwas auf europäischer Ebene auf die Beine zu stellen, sagte Eichel weiter.
In einer Reihe von Punkten herrscht weiter Uneinigkeit. Vor allem die US-Regierung hat Vorbehalte gegen einen allgemeinen Schuldenerlass und eine starke Aufstockung der Entwicklungshilfe. Ebenfalls auf starken Widerstand stieß der deutsche und französische Vorschlag, verstärkte Afrika-Hilfe über eine Flugbenzin-Steuer zu finanzieren.
Der ehemalige südafrikanische Präsident Nelson Mandela hatte den Ministern in puncto Schuldenerlass ins Gewissen geredet. Zudem forderte er mehr Gerechtigkeit beim Welthandel: »Keine Subventionen und Zölle des Westens mehr, die den Exporten der afrikanischen Völker und anderer Entwicklungsländer schaden.«
Max Lawson von der internationalen Hilfsorganisation Oxfam begrüßte die G7-Abschlusserklärung, mahnte jedoch Eile an: »Zwei Millionen Kinder werden unnötigerweise im Zeitraum von heute an bis zum nächsten Treffen im April sterben. Wenn die reichen Länder ihr Versprechen zur Bekämpfung der schlimmsten Armut halten wollen, dann müssen sie Ergebnisse liefern, und sie müssen schnell liefern.«

Artikel vom 07.02.2005