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Die tollen Tage der Dortmunder

Endlich wird gepunktet - jetzt protestieren die Fans gegen die Führung

Von Klaus Lükewille
Hannover (WB). Die niedersächsische Metropole ist nicht unbedingt eine ausgewiesene Karnevals-Hochburg. Durch die Straßen der Altstadt zog Stunden vor der Bundesliga-Partie zwischen Hannover 96 und Borussia Dortmund aber trotzdem ein Zug voller Narren. Da flogen sogar die Kamelle, wie sonst nur am Rhein.

Leinen los an der Leine. Denn es gab an diesem Tag in Hannover noch einen anderen Zug. Und da waren die Marschierer gar nicht so lustig und fröhlich gestimmt. Die Dortmunder Demonstration vom Bahnhof Linden zur AWD-Arena: Fans gegen Führung, die nach ihrer Ansicht die »Seele« des Vereins verkauft haben soll. Die Verpfändung der Markenrechte hat die bisher so leidensfähigen Borussia-Anhänger alarmiert und restlos verärgert.
Die Proteste gingen im Stadion weiter, waren nicht zu überhören und zu übersehen. Auf Plakaten stand: »Der Tropfen zuviel im Faß. Jetzt spürt ihr unseren ganzen Hass.« Oder: »Schluss mit Lügen und Intrigen«. Und: »Ihr macht unseren Klub kaputt.« Dazu brüllten sie während der 90 Minuten immer wieder und immer lauter: »Niebaum, Meier - Pleitegeier.«
Gerupft und verschnupft stand der Geschäftsführer Michael Meier nach dem 3:1-Erfolg der Borussen im Kabinengang. Er ließ die Flügel aber nicht hängen, sondern reagierte noch relativ gefasst: »Natürlich macht mich die Reaktion der Fans betroffen. Aber ich muss dazu sagen: So stimmt das nicht. Wir haben die Marke BVB nicht verschachert. Wir haben nur, wie fast alle anderen Bundesligisten auch, unseren Vereins-Namen für Lizenzen vergeben. Das bringt schließlich Geld in die Kasse.«
Meier sprach von absichtlichen Fehlinterpretationen und vor allem von gezielten Indiskretionen. Denn das wundert ihn schon: »Wie kann es sein, dass unsere Verträge aus dem Jahr 2000 in den Zeitungen abgedruckt werden?« Aus welcher Ecke da auf die Geschäftsführung geschossen werden soll, diese Frage beantwortete er nicht.
Bezeichnend ist jedoch, dass sich Präsident Reinhard Rauball bisher in diesem Fall nicht öffentlich zu Wort gemeldet hat. Rauball verabschiedete sich in Hannover so: »Ich freue mich, dass wir dabei sind, ein neues Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln.« Ob auch die Herren Michael Meier und Gerd Niebaum weiter zu dieser »Gemeinschaft« gehören, dazu wollte der Präsident lieber nichts sagen.
Während sich Meier stellte, war Niebaum übrigens - wieder einmal - ĂŠnicht vor Ort. Er macht Ski-Urlaub. Viel Spaß in den Bergen.
Über den Berg scheint offensichtlich die Mannschaft zu sein, die in der Rückrunde bereits sieben Punkte holte. Aber es ist schon total verückt mit diesem Verein, es passt zu diesen Tagen: Da werden auf dem Rasen endlich ordentliche Vorstellungen abgeliefert, jetzt zeichnen sich hinter den Kulissen neue Machtkämpfe und Intrigen ab. Ein Käfig voller »Narren«.
Trainer Bert van Marwijk kommentierte den wichtigen Erfolg in Hannover deshalb auch so: »Wir haben in schweren Zeiten die richtige Antwort gegeben.« Das war neben den drei Toren gegen die 96er der vierte Dortmunder »Treffer« des Tages, der klar in Richtung Führungsgremium ging.
Denn am Aschermittwoch ist zwar alles vorbei, die Chaos-Tage der Borussia aber noch lange nicht. Die Zündschnur brennt. Achtung, höchste Detonationsgefahr! Denn Olaf Suplicki, der stellvertretende Vorsitzende der schwarz-gelben Fan-Abteilung, er verspricht den Männern an der Spitze explosive Zeiten: »Das Maß ist voll, die Volksseele kocht.«
Die Dortmund-Demo von Hannover, sie soll nur ein Testlauf gewesen sein. Am kommenden Samstag, vor dem Westfalen-Schlager gegen Bochum, kommt der Protest-Zug erst so richtig ins Rollen. Natürlich ohne Narren-Kappe. Die Lage ist zu ernst.

Artikel vom 07.02.2005