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Deutsche Bank abgemahnt

Clement kritisiert Stellenabbau - Brandner: Weimar-Vergleich unzulässig

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hat die Wirtschaft aufgefordert, mehr Verantwortung für den Standort Deutschland zu übernehmen und den Stellenabbau zu beenden. Die CSU erneuerte unterdessen ihren Vorwurf, das wirtschaftspolitische Versagen Berlins fördere extreme Parteien.

CSU-Generalsekretär Markus Söder warnte angesichts von jetzt offiziell fünf Millionen Arbeitslosen vor »Weimarer Verhältnissen«. CSU-Chef Edmund Stoiber ergänzte, die Hauptursache für das Wiedererstarken der NPD sei die Perspektivlosigkeit von Menschen ohne jede Aussicht auf einen richtigen Job am ersten Arbeitsmarkt. Und während Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) einen »Aufstand der Anständigen« gegen Rechtsextreme wie die NPD zum Tag des Kriegsendes vor 60 Jahren am 8. Mai vorschlug, reagierte CDU-Chefin Angela Merkel abwägender auf die CSU-Argumentation und sprach von der »Verzweiflung« der 6,5 Millionen Betroffenen.
Die Debatte über angebliche Weimarer Verhältnisse sei »aufgesetzt«, sagte der Gütersloher Bundestagsabgeordnete und Gewerkschaftler Klaus Brandner (SPD). Stoibers Versuch, die ungeschminktere Offenlegung der tatsächlichen Verhältnisse am Arbeitsmarkt politisch umzumünzen, sei im Grunde verwerflich. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit gebe es nichts zu beschönigen, aber die Opposition dürfe sich jetzt auch nicht aus der Mitverantwortung stehlen.
Brandner erwartet wie Clement auch von den Unternehmen ein breiteres Engagement und Sensibilität für die Lage im Land. Die Deutsche Bank biete derzeit ein denkbar schlechtes Beispiel mit ihren Plänen, trotz hoher Gewinne tausende von Arbeitsplätzen abzubauen. Ein Unternehmen müsse Gewinn machen, sagte Brandner, aber die Überbetonung des Shareholder-Value-Gedankens (Entlassungen zur Gewinn- und Kurssteigerung) sei unangebracht.
»Die Gewinnsituation der international agierenden deutschen Unternehmen ist - alles in allem - so gut wie lange nicht mehr«, sagte Clement dem Berliner »Tagesspiegel«. Deshalb sei »es auch vor dem Hintergrund unserer schrecklich hohen Arbeitslosigkeit an der Zeit, dass die Unternehmensführungen zu ihrer Verantwortung für den Standort Deutschland stehen, wo sie groß und stark geworden sind.«
Der Wirtschaftsminister bemängelte außerdem, es gebe noch viel zu wenig Unternehmen, die sich am Ausbildungspakt beteiligten. »Und die Kostenreduktion der Unternehmen durch Personalabbau sollte jetzt langsam dem Ende zugehen.«
Die Zahl der Arbeitslosen war im Januar auf mehr als fünf Millionen angestiegen. Für Februar muss nach Einschätzung der Regierung und der Bundesagentur für Arbeit mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit gerechnet werden.
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Artikel vom 07.02.2005