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Werner Lohne stieg zum Spaß mit Max Schmeling in den Ring.

»Merkur«: Sein
härtester Kampf

Die Zeit als Fallschirmjäger auf Kreta

Von Matthias Meyer zur Heyde und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). »In den Sportstunden hat der Max Sparring mit uns gemacht«, erinnert sich Werner Lohne. Der 86-jährige Bielefelder war mit Deutschlands berühmtestem Boxer Max Schmeling an dessen wohl gefährlichstem Kampf beteiligt: an der Landung auf Kreta 1941.

Nicht braun, sondern rot: Werner Lohne war kein Parteigänger Hitlers, sondern stand als Sozialist im »feindlichen Lager«. Er wusste, dass er nach der Machtergreifung nichts Gutes zu erwarten hatte - Vater und Schwester kamen ins KZ -Êund floh nach Amsterdam, doch die Holländer lieferten ihn aus. »Im Freihafen, also außerhalb des staatlichen Hoheitsgebiets, gerade als ich an Deck eines amerikanischen Frachters gehen wollte, haben die mich verhaftet«, was Werner Lohne noch heute empört.
Ein zweiter Versuch, Hitlers Schergen zu entkommen, misslang ebenfalls, und so trat der 18-Jährige 1937 die Flucht nach vorne an: »Ich wurde Soldat.« In Braunschweig war Werner Lohne am Aufbau der ganz neuen Fallschirmjägertruppe beteiligt und gehörte 1940 zum Stab des 3. Regiments der 1. Division. »Dorthin kam auch Max Schmeling, weil man höheren Ortes dachte, so ein Prominenter könnte das Ansehen der jungen Waffengattung gewaltig heben.«
Über private Dinge, auch über Schmelings Kämpfe gegen Joe Louis (1946 und 1938) wurde nicht geredet. »Aber bei einem Fest ging er mit seiner Frau Anny Ondra durch die Reihen und schüttelte allen die Hand«, erinnert sich Werner Lohne. Lida Baarova, ebenfalls Schauspielerin und zeitweilig Goebbels Geliebte, war auch dabei.
»Max wollte lieber unter Kameraden sein, und so wurde er vom Stab in die schwere Kompanie versetzt.« Der kräftige Sportler tat fortan Dienst am schweren MG. Und dann graute der Morgen des 20. Mai 1941. Operation »Merkur«.
»Max hatte die Ruhr, und wir waren alle erstaunt, dass er den Einsatz mitmachte«, berichtet Werner Lohne. »Das wieder so eine Idee der politischen Führung . . .« Von Feldflughäfen im kurz zuvor besetzten Griechenland aus starteten in drei Wellen hunderte Junkers52-Maschinen mit 15 000 Fallschirmjägern, und Werner Lohne und Max Schmeling vom 3. Regiment gehörten zur ersten Welle. Ihr Ziel: Kretas damalige Hauptstadt Chania und der Hafen der nahegelegenen Souda-Bucht.
»Max hat trotz seiner schweren Krankheit bei den verlustreichen Kämpfen in der brütenden Hitze durchgehalten«, sagt Werner Lohne respektvoll. Wenige Tage später allerdings wurde der Sportler, der kein Idol, sondern ein Kamerad wie jeder andere sein wollte, ins Lazarett nach Athen ausgeflogen. »Die Geschichten, Max habe sich beim Absprung schwer verletzt, sind blanker Unsinn«, versichert Werner Lohne.
Dann trennten sich ihre Wege; Schmeling war nur bis 1943 Soldat. »Aber zu seinen Geburtstagen hat er immer Fallschirmjäger eingeladen«, hat Werner Lohne gehört. Der Bielefelder kehrte nach manchen Fährnissen in seine Heimatstadt zurück, heiratete eine Sudbrackerin und freut sich heute über drei wohl geratene Töchter. Eine ist selber begeisterte Fallschirmspringerin . . .

Artikel vom 05.02.2005