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Neue Nischen erschließen

Kreisverbandstag der Landwirte aus Bielefeld und Herford

Von Peter Schelberg
Bielefeld/Herford (HK). Die Landwirtschaft führt kein Eigenleben, sondern ist eng an die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und Europa gekoppelt: Das wurde beim Verbandstag der landwirtschaftlichen Kreisverbände Bielefeld und Herford deutlich.

Über das Thema »Zukunft der Wirtschaft am Standort Deutschland« diskutierten Thomas Niehoff, Hauptgeschäftsführer der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld, BUND-Landesvorsitzender Klaus Brunsmeier und Franz-Josef Holzenkamop, Vizepräsident des niedersächsischen Landvolkes.
»Investitionen finden derzeit eher außerhalb Deutschlands statt, und die Tendenz zur Deindustrialisierung hält an«, stellte Niehoff klar, dass die Bundesrepublik ihre einstige »Lokomotivfunktion« verloren habe. Nach Erkenntnissen der IHK wolle fast jedes zweite ostwestfälische Industrieunternehmen zumindest Teile der Produktion verlagern: »Vorzugsweise nach Osteuropa.« Neben konsequenter Fortsetzung der Reformpolitik forderte Niehoff eine zukunftsfähige Energiepolitik ein, zu der der Ausbau regenerativer Energien gehöre, aber auch die »Rücknahme des Atomausstiegs«. Als Wettbewerbshemmnisse für die Wirtschaft nannte der IHK-Sprecher die »zum Teil überzogenen Umweltschutzauflagen«. Negativ auf den ländlichen Raum wirke sich der dramatische Strukturwandel in der Landwirtschaft aus. »Hier kommt es auf Mut und Kreativität an, neue Nischen zu erschließen und vom Tourismus bis zur Qualitätserzeugung alle Möglichkeiten zu nutzen.«
Als »Rahmenbedingungen und Chancen zugleich« sieht Klaus Brunsmeier, Landesvorsitzender des BUND, hohe Energie- und Arbeitskosten: »Sie erfordern Innovation, Modernisierung und Effizienzsteigerung und eröffnen damit überhaupt erst die Möglichkeit, langfristig auf einem globalisierten Markt zu bestehen.« Potenzial biete der Anbau gentechnikfreier Pflanzen. Strengen Umwelt- und Landschaftsschutz gebe es in der Bundesrepublik nicht mehr, widersprach Brunsmeier dem IHK-Geschäftsführer: »Vom einstigen Weltmeister im Umweltschutz ist Deutschland auf Platz 31 hinter Länder wie Slowenien und Panama zurückgefallen.« Seine Empfehlung: »Bäuerliche Betriebsstrukturen, geschlossene Betriebskreisläufe und eine den naturräumlichen Gegebenheiten angepasste Landwirtschaft.«
Die Problematik der Ausgleichs- und Ersatzflächen für Straßenbauprojekte und Gewerbeansiedlungen im dicht besiedelten Raum Bielefeld sprach Landwirt Heiner Dingerdissen an. Die Punktebewertung für Ackerland sei zu niedrig, und es müsse mehr Rücksicht auf die Belange landwirtschaftlicher Betriebe genommen werden, lautete der Tenor. Allein für den Bau der A33 gingen insgesamt 270 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche verloren.

Artikel vom 07.02.2005