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Jansen erlebt »Hexenjagd wie im Mittelalter«

Zu seiner Entlastung wählt der verdächtigte Schiedsrichter die Video-Verteidigung

Passau (dpa). Jürgen Jansen hat mit einer Video-Verteidigung erneut seine Unschuld im Wett-Skandal beteuert und zugleich seinen Berufskollegen einen Vorab-Freispruch erteilt.
»Die Bundesliga ist sauber. Kein einziger der 22 Erstliga-Schiedsrichter hat jemals ein Spiel verpfiffen«, sagte der 44 Jahre alte Unparteiische aus Essen auf einer Pressekonferenz in Passau. Mit Unterstützung seines Rechtsanwalts Stephan Reiffen und Video-Aufnahmen von zwei Bundesligaspielen setzte sich der unter Betrugs-Verdacht geratene Jansen zur Wehr. In dem bisher einmaligen, aber mit dem Deutschen Fußball-Bund und der Staatsanwaltschaft Berlin abgestimmten »Fernsehgericht« präsentierte Jansen zwar gute Argumente, erwartungsgemäß aber nicht den definitiven Beweis seiner Unschuld.
Eine außergewöhnliche Woche hatte Jansen, der nach Aussage des bereits geständigen Berliner Referees Robert Hoyzer das Bundesligaspiel 1. FC Kaiserslautern gegen den SC Freiburg (3:0) am 27. November und die Zweitligapartie Dynamo Dresden - SpVgg Unterhaching (1:0) am 21. November manipuliert haben soll, in die Offensive gezwungen. »Bei meiner Familie spielten sich Jagdszenen ab. Die Kinder wurden angespuckt und angefeindet und konnten nicht zur Schule gehen. Das kam einer Hexenjagd im Mittelalter gleich«, sagte der Versicherungs-Fachwirt, »für mich als Schiedsrichter mit Leib und Seele ist eine Welt zusammengebrochen.«
Eine dreiseitige Erklärung und sieben Spielszenen aus den Bundesligaspielen, die auf einer 3x4-Meter großen Leinwand gezeigt wurden, zog Jansen zu seiner Verteidigung heran. Die Videoszenen zeigten, dass Jansens Entscheidungen zwar nicht immer richtig, aber doch nachvollziehbar waren; und dass er mehrfach in strittigen Szenen für jene Mannschaft gepfiffen habe, die er angeblich benachteilt haben soll. »Ich habe ein gutes Gewissen. Hier steht ein sauberer und ordentlicher Sportsmann. Ich bin seit 29 Jahren Schiedsrichter, habe niemals Einfluss genommen und bin auch nie ernsthaft angesprochen worden, ein Spiel zu manipulieren«, sagte Jansen.
Für sich und die Bundesliga-Kollegen, die laut seiner Aussage ebenfalls mit Anfeindungen verfolgt würden, brach Jansen eine Lanze. »Der Skandal ist in der Bundesliga nicht angekommen und wird da auch nicht ankommen. Ich bin überzeugt, dass die 22 Bundesliga-Schiedsrichter nicht einmal absichtlich einen falschen Pfiff abgegeben haben«, beteuerte der 142-malige Erstliga-Referee.

Artikel vom 05.02.2005