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USA planen keinen Iran-Angriff

Außenministerin Rice in Berlin: »historische Chance« für Zusammenarbeit

Berlin (dpa/ddp). Die USA und Deutschland wollen ein »neues Kapitel« in ihren Beziehungen aufschlagen und gemeinsam auf eine friedliche Lösung vor allem des Atomkonflikts mit Iran hinarbeiten.

Die »historische Chance« für die Zusammenarbeit müsse ergriffen werden, sagte die neue US-Außenministerin Condoleezza Rice am Freitag nach ihrem Antrittsbesuch bei Bundeskanzler Gerhard Schröder in Berlin.
»Nun ist die Zeit für Diplomatie.« Dank des »starken Bündnisses« beider Staaten könne der Wandel vorangetrieben werden. Schröder bot erneut ein stärkeres deutsches Engagement beim zivilen Wiederaufbau des Iraks und der Ausbildung von Sicherheitskräften außerhalb des Landes an.
Rice versuchte, auch in Berlin Befürchtungen vor einem Militärschlag der USA gegen Iran zu zerstreuen. Zum Auftakt ihrer Europareise hatte sie am Vormittag bereits in London gesagt, die USA planten gegenwärtig keinen militärischen Angriff auf Iran.
In Berlin sagte Rice, Washington unterstütze die Bemühungen Deutschlands, Großbritanniens und Frankreichs für eine friedliche Lösung. »Iran muss seine internationalen Verpflichtungen erfüllen«, betonte sie. »Die Diplomatie kann funktionieren, wenn es Einigkeit im Ziel und der Botschaft gibt.« Der Iran dürfe seinen Zugang zu friedlicher Nutzung der Kernenergie aber nicht ausnutzen, um Atomwaffen zu bauen.
Zum Konflikt um das Teheraner Atomprogramm sagte Schröder, Europa und die USA seien gemeinsam der Auffassung, dass Iran keine atomaren Waffen erlangen dürfe. Nach einem Treffen mit dem britischen Premier Tony Blair hatte Rice bestritten, dass die Iranpolitik der USA von Europa abgelehnt werde. »Es sind die Iraner, die isoliert sind, nicht die USA.« Sie warf der iranischen Regierung abermals vor, Terroristen zu unterstützen, an einer Atombombe zu arbeiten und die Demokratie im Irak und in Afghanistan zu untergraben.
Zum Irak sagte Schröder, Deutschland könne die Führung in Bagdad auch beim Aufbau von Ministerien unterstützen. »Es ist Sache der Staatengemeinschaft, insgesamt dort zu helfen«, betonte Schröder. Dabei gehe es nicht mehr darum, wie man zum Irak-Krieg gestanden habe. Deutschland werde sich auch weiter bei der Stabilisierung Afghanistans engagieren. Auch über die Lösung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern wollen Berlin und Washington einen engen Dialog führen. Rice besucht in den nächsten Tagen mehrere europäische Länder sowie Israel und die Palästinensergebiete.
Nach Ansicht des CDU-Außenexperten Friedbert Pflüger ist Bush »offenkundig« darum bemüht, das transatlantische Klima wieder zu verbessern. Ähnlich äußerte sich der FDP-Außenexperte Werner Hoyer. Die Bundesregierung sei gut beraten, die ausgestreckte Hand der USA zu ergreifen.
Bush kommt Ende Februar zu einem Europa-Besuch und macht am 23. Februar in Mainz Station. Einen Tag zuvor will er in Brüssel bei einem Treffen mit den 26 NATO-Partnern nach »Spiegel«-Informationen darauf dringen, die beiden Afghanistan-Mandate zusammenzulegen, um einen Großteil der 10 000 US-Soldaten aus Afghanistan abziehen zu können. Diese Verschmelzung des Anti-Terror-Mandats mit dem friedenssichernden ISAF-Mandat wird von der Bundesregierung aber abgelehnt.

Artikel vom 05.02.2005