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Nachruf
Zum Tod von Max Schmeling

Der Mann aus
einer besseren
Sport-Welt


Von Klaus Lükewille
Der Größte. Der Beste. Der Vorbildlichste. Der Edelste.
»Mensch, Leute, jetzt macht doch mal halblang ...«
Wenn Max Schmeling noch lesen könnte oder hören würde, was da nach seinem Tod über ihn geschrieben und geredet wird, er hätte sehr wahrscheinlich diesen Satz gesagt. Oder mit ein paar anderen Worten die »Girlanden« aus dem Ring geräumt.
Schmeling war ein »Star«, aber er wollte nie einer sein.
Gewiss, auch er genoss natürlich den Ruhm. Den Weltmeisterschafts-Triumph in New York. Die umjubelte Rückkehr nach Deutschland.
Er war, völlig zu Recht, stolz auf seine erfolgreichen Kämpfe. Aber nie vorlaut, eingebildet oder gar arrogant.
Max Schmeling, ein deutscher Jahrhundert-Sportler, der seinen persönlichen Jahrhunderttag nicht mehr erleben sollte.
Er wurde 99. Und auch im hohen Alter blieb er der »Alte«. So wie immer. So wie früher. Höflich, bescheiden und zurückhaltend.
An dieser Stelle würde Schmeling jetzt wieder »Stopp« rufen, »stopp, es reicht«.
Nein, Einspruch, es reicht eben noch nicht. Denn wieso, weshalb und warum steht dieser Mann in der »ewigen Bestenliste« der deutschen Sportlerinnen und Sportler auf dem Spitzenplatz?
Ausgerechnet ein Boxer. Ein Athlet aus einem zwielichtigen Milieu, das nie den besten Ruf besessen hat. Schmeling schadete das nicht. Er kämpfte immer sauber. Knallhart mit der gefürchteten »Rechten« - aber fair.
Außerdem: Die Zeit, in der seine größten Erfolge feierte, sie spielt sicher auch eine Rolle. Damals waren Siege besonders wertvoll. Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg, nach dem Weimarer Demokratie-Desaster. Und das verbindet Schmeling mit elf weltmeisterlichen Fußballern. Bern 1954, wieder ein Nachkriegs-Erlebnis, das werden sie in diesem Land nicht so schnell vergessen werden.
Typisch deutsch, typisch Schmeling. Oft am Boden. Aber immer wieder aufgestanden. Und weitergemacht. So war er: ehrlich, emsig, eisern. Im Ring und im richtigen Leben.
Die Faszination seiner Person macht auch aus, dass er es in schweren Jahren zwar leichter hatte, weil es noch keinen Medienrummel gab, er aber seine privilegierte Position keinen Gongschlag lang ausnutzte.
Wie ein »Leuchtturm« aus einer besseren, heileren Sport-Welt überstrahlt Schmeling sie alle. Den Becker und den Beckenbauer, die Graf und den Schumacher.
Sport ist inzwischen in erster Linie Schau - und Geschäft.
Heute, betrogen und gelogen, falsch gepfiffen und richtig geschoben wird, fehlt einer wie Schmeling ganz besonders. Ein Ehrenmann. Ein Vorbild. Ein Idol.
Spätestens jetzt würde er wieder sagen: »Halt, genug.«
Einverstanden - und Dankeschön, Max Schmeling.

Artikel vom 05.02.2005