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Keine Rücksicht von Rapolder

Toppmöller, Jara und nun Neururer: Arminia spielt wieder Schicksal

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). Im Profifußball gilt: Stärkt der Präsident in der Krise dem Trainer in der Öffentlichkeit demonstrativ den Rücken, verheißt das nichts Gutes. Der längst beschlossene Rauswurf scheint nur eine Frage der Zeit. Beim VfL Bochum, Arminia Bielefelds nächstem Gegner, hat der Clubchef genau das unter der Woche getan. VfL-Coach Neururer kann sich fast sicher sein: Verliert er gegen Bielefeld, wird er beurlaubt.

Was von Bochum-Boss Werner Altegoer wie ein Vertrauensbeweis klingen soll, ist in Wahrheit höchst verdächtig: »Ich sehe keinen Trainer, der unsere Probleme momentan besser lösen könnte, als Peter Neururer.« Bochums Fans sehen das sowieso anders. Vergangenen Samstag in Leverkusen forderten sie Neururers Rauswurf. Altegoer weiß, dass aufgebrachte Anhänger nur schwer zu besänftigen sind.
Stellt sich die Frage: Wie lange kann Altegoer den Fans den Trainer Neururer noch zumuten? Nur: Ist es nicht in Wahrheit genau umgekehrt? Muss man nicht viel eher Peter Neururer vor den aufgebrachten Bochumer Anhängern schützen? »Was sich vergangenen Samstag im Fanblock des VfL abgespielt hat, hat mich berührt«, sagte Bielefelds Trainer Uwe Rapolder. Und das nicht nur, weil Neururer und er eine Kollegenfreundschaft pflegen.
Erschreckend war die Szenerie in der BayArena, wo VfL-Fans den Trainer nach der Partie aufs Übelste anpöbelten und der neutrale Beobachter staunen musste über Neururers Contenance und darüber, wie er auf Beleidigungen unterster Kategorie noch sachlich zu antworten bemüht war.
Gestern noch »Peter der Große«, heute schon »Neururer raus«. Uwe Rapolder meint: »Man sagt ja gerne, die Fans hätten für alles so ein feines Gespür. Nach dem, was in Leverkusen passiert ist, sollten sich die Fans lieber mal darüber Gedanken machen, ob ihre verletzenden Äußerungen in Ordnung waren.«
Rapolder hatte sogar darüber nachgedacht, Neururer nach den Vorkommnissen in Leverkusen anzurufen, es aber »ganz bewusst nicht getan«. »Zum einen ist Bochum unser nächster Gegner, zum anderen ist es nicht meine Aufgabe, deren Probleme zu lösen.«
Schließlich hat Rapolder mit seiner Arminia momentan genug Arbeit. Die in vielerlei Hinsicht zum Schicksalsspiel hochstilisierte Partie Samstag im Ruhrstadion kann auch für ihn und den DSC richtungsweisend sein. Denn so gut Peter Neururer ein Sieg über Arminia täteÊ- Uwe Rapolder muss dringend darauf achten, nicht zum vierten Mal in Folge ohne Punkte dazustehen. Denn wie schnell ein Trainer vom gefeierten Helden zum Prügelknaben werden kann, wird am Beispiel Bochum deutlich. Hat Rapolder davor Angst? »Wenn man davor Angst hätte, würde man in seiner Aktivität eingeschränkt. Außerdem würde das ja bedeuten, man müsste als Trainer immer sofort zurücktreten, sobald man Erfolg hätte.«
Peter Neururer, sagt Rapolder, habe sich zu einhundert Prozent mit Bochum identifiziert, die Fans hätten ihn gefeiert. Doch Arminias Trainer weiß: »Das Band der Freundschaft reißt nunmal schnell, wenn's eng wird. Das ist ein Teil unseres Geschäfts.«
Rapolder hat mit seiner Mannschaft in dieser Saison bereits zwei Mal entscheidend das Schicksal eines Trainerkollegen beeinflusst. In Hamburg (Klaus Toppmöller) zum Nachteil, in Kaiserslautern (Kurt Jara) zum Vorteil des Betroffenen. Rapolder wäre natürlich am liebsten, Bielefeld würde Samstag in Bochum gewinnen und der Trainer des VfL hinterher trotzdem noch Neururer heißen. Doch viel wahrscheinlicher ist, dass es im Arminia-Erfolgsfall das Band der Freundschaft zwischen Rapolder und Neururer wäre, das sich einer Zerreißprobe unterzöge.

Artikel vom 04.02.2005