04.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Neun Jahre Haft für hässliche Taten

Mädchen missbraucht: Sicherungsverwahrung blieb dem Täter erspart

Bielefeld (uko). Weil er durch den sexuellen Missbrauch eines kleinen Mädchens »schwerste Schuld auf sich geladen« hat, wird der Täter neun Jahre Haft absitzen müssen. Zu diesem Urteil kam gestern die Jugendkammer des Landgerichts, die dem Angeklagten Christoph M. (40) immerhin die Sicherungsverwahrung, das »Fallbeil« des Strafrechts, ersparte.

Über sechs Jahre hinweg hatte der Dachdecker die zunächst erst acht Jahre alte Tochter seiner Lebensgefährtin sexuell missbraucht. Im Herbst 1998 hatten die von Kammervorsitzendem Reinhard Kollmeyer als »hässlich« bezeichneten Taten begonnen, doch erst im Sommer 2004 wandte sich das junge Mädchen hilfesuchend an eine Freundin. Danach erfuhr auch die Mutter von den schier unglaublichen Vorfällen, die sich in ihrer Abwesenheit abgespielt hatten.
Christoph M. hatte sich nach Erkenntnissen des Gerichts in die Familie »eingeschlichen«, als er 1998 per Haftbefehl wegen mehrerer Betrugsdelikte gesucht wurde. Bis dahin galt der Mann als unbescholten, danach »begann sein Abstieg und das Abknicken seiner Lebenskurve«, resümierte Staatsanwältin Ruth Dringenberg-Enders. Juristen und Sachverständige konnten in diesem Fall nur spekulieren, was den Mann zu den abscheulichen Taten gegenüber dem wehrlosen Mädchen trieb. Wieso er sogar Geschlechtsverkehr mit seinem Opfer hatte, es »wie eine Prostituierte« behandelte - auf diese Fragen blieb M. die Antworten schuldig.
Neben dem Strafmaß - exakt nach dem Antrag der Staatsanwältin - ging es in dem Verfahren vorrangig um die Verhängung der Sicherungsverwahrung, die nach Kollmeyers Definition für Sexualstraftäter einem lebenslangen Wegschließen gleichzusetzen ist. Ruth Dringenberg-Enders hatte die Sanktion »unter Vorbehalt« gefordert, beantragte also eine spätere Entscheidung. Rechtsanwältin Sabine Thomsen als Vertreterin des Opfers forderte die Maßregel sofort. Letztlich schlossen sich die Richter jedoch Veteidigerin Christiane Herzig an, die einen Hang zu Straftaten, ein »eingeschliffenes Verhalten« zu Recht verneinte.
Reinhard Kollmeyer schließlich hielt M. vor allem sein Geständnis rechtzeitig vor Beginn des Prozesses zugute. Er sei »gut beraten von der Verteidigerin gewesen«, nicht das übliche taktische Spielchen zu treiben, erst in der Verhandlung mit Geständnis und Strafobergrenze zu kalkulieren. Diese Haltung habe vor allem dem Opfer die Befürchtung genommen, auch im Prozess noch als Lügnerin dazustehen. Für das Mädchen sei das Geständnis auch wichtig im Hinblick auf die weitere Therapie, die weiterhin fernab von der Familie in einer stationären Einrichtung gute Erfolge zeigt.

Artikel vom 04.02.2005