04.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Reiner Kristall,
hauchzarter
Bernstein

»Funkelnde Pracht« im Museum

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Kostbarkeiten aus der Sammlung Huelsmann, zum Teil noch nie ausgestellt, haben von Sonntag an ihren großen Auftritt in der Direktorenvilla: in der Ausstellung »Funkelnde Pracht, magische Kräfte - Kostbarkeiten aus der Schatzkammer der Natur«.

Bereits in der Johannes-Offenbarung »Das neue Jerusalem« werden edle Materialien wortreich beschrieben: »Die Mauer war aus Jaspis, die Stadt lauteres Gold, wie reines Kristall . . .« Zu bewundern sind in der Schau Zierväschen aus Perlmutt, Turmalinen, Edelsteinen und Silber (1735), ein Duftwasserspender aus Bergkristall, Nautilusschalen und Turboschnecken, zerbrechliche Gehäuse »vom anderen Ende der Welt«, die in Europa aufwändig verziert wurden, ein kunstvolles Bernsteinschiff (um 1600), die zwölf Apostel und Christus aus Bernstein und Elfenbein, eine überaus kostbare Madonna aus Elfenbein aus dem 13. Jahrhundert, ein Nashorn-Pokal, zwei Kandelaber aus Rhodonit aus St. Petersburg sowie Ringe und Amulette, die Schaden abwenden sollten. Goethe schreibt in seinem »West-östlichen Divan«: »Talisman in Karneol/ Gläubigen bringt er Glück und Wohl«.
Der Amethyst sollte vor Trunksucht schützen, jeder Adelige hatte mindestens einen Türkis immer dabei, um keinen Reitunfall zu erleiden, und eine Trinkschale aus Serpentinit sollte vergifteten Wein anzeigen, indem sie das Getränk im Falle eines Falles aufschäumen lassen sollte. Edle Steine wurden zu Pulver zerrieben und als Arznei verabreicht. Man musste nur fest daran glauben . . .
Der Bergkristall spielte bei sakralen Gegenständen eine Rolle. Museumsleiterin Dr. Hildegard Wiewelhove: »Er stand für die Reinheit Mariens und wurde gern zur Aufbewahrung von wertvollen Reliquien verwendet.« Im Museum Huelsmann ist unter anderem eine große Muschelschale aus Bergkristall - vermutlich für Weihwasser - zu sehen; zwei indianische Figuren aus Obstholz halten die natürlichen Vorbilder, die Riesenmuscheln von fernen, exotischen Gestaden, in Händen. Hauchdünn geschnittene Achatschalen lassen das Licht hindurch, große Barockperlen zieren Schmuckstücke, die zu üppig wirken, als dass vornehme Damen - passend zum Perlmutt-Teint - sie tragen könnten.
Bereits Vincenzo Borghini vertrat 1570 eine »moderne« Ansicht: »Diese Dinge gehören nicht allein zum Reich der Natur und nicht allein zum Reich der Kunst, sondern sie haben beide Elemente, und das eine fördert das andere.«

Artikel vom 04.02.2005