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Mehr Personen als Firmen pleite

560 Zwangsversteigerungen in OWL nach gescheiterter Baufinanzierung

Von Dietmar Kemper
und Diana Niemann
Bielefeld (WB). Im vergangenen Jahr mussten 2612 Privatleute in Ostwestfalen-Lippe Insolvenz anmelden. Erstmals überstieg die Zahl der Fälle von privater Zahlungsunfähigkeit die Firmenpleiten (1350).

Überschuldung weite sich zu einem »flächendecken Problem« aus, beklagte die Auskunftei Creditreform gestern in Bielefeld. Immer öfter führt der Wunsch nach einem eigenen Haus zu finanziellen Problemen. »Gescheiterte Baufinanzierungen nehmen zu und machen bereits zehn Prozent der Beratungsfälle aus«, sagte die Leiterin der AWO-Bauschuldnerberatung in Löhne, Regina Stoller-Wegener, dieser Zeitung. Im Januar seien bei den Amtsgerichten in OWL 560 Zwangsversteigerungen von Häusern und Eigentumswohnungen angemeldet gewesen.
Arbeitslosigkeit, Einkommensverluste, Scheidungen und gescheiterte Selbständigkeit nannte Stoller-Wegener als Hauptursachen für den Zwang, Wohneigentum verkaufen zu müssen. »Die meisten Finanzierungen scheitern nach zehn bis zwölf Jahren, immer häufiger ist der Mittelstand betroffen«, sagte die Leiterin der Schuldnerberatungsstelle, die Ostwestfalen-Lippe betreut. Stoller-Wegener verhandelt mit Gläubigerbanken, bahnt einen Vergleich an und hilft beim Verkauf.
Das Land NRW bietet seit heute unter der Rufnummer 0180/3100214 eine »Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung« an. Der Anruf kostet 9 Cent pro Minute. Die Mitarbeiter vermitteln den Kontakt zu Beratungsstellen in der Nähe, sagte ein Ministeriumssprecher dieser Zeitung. Insgesamt gibt es 190 Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen, davon 24 im Regierungsbezirk Detmold. Das Land hat in den Jahren 2003 und 2004 insgesamt 110 Vollzeitstellen mit jeweils 5,5 Millionen Euro finanziert. Für das laufende Jahr ist die gleiche Summe vorgesehen. 2003 haben mehr als 150 000 Bürger die Beratungsstellen aufgesucht. Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen sei um knapp 27 Prozent hochgeschnellt.
Als dramatisch beurteilte Creditreform gestern die Steigerung um 25,7 Prozent in Ostwestfalen-Lippe. Allein in Bielefeld habe es im vergangenen Jahr 488 Menschen getroffen. Kreisweit liegen Minden-Lübbecke (555 Fälle) und Lippe (520) an der Spitze. Es folgen Herford (472) und Gütersloh (449). Deutlich besser sieht es dagegen in den Kreisen Höxter (60) und Paderborn (68 Privatinsolvenzen) aus. Durch Hartz IV werde die Zahl der privaten Insolvenzen nochmals steigen, erwartet Creditreform. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 03.02.2005