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Roboter »menschlich« machen

ZiF: Wissenschaftler erforschen das Wesen der Kommunikation

Bielefeld (sas). Ipke Wachsmuth erinnert sich noch genau an die Italienerin, die in einer Telefonzelle stand, mit einem fernen Partner sprach und dabei quasi mit Händen und Füßen redete - obgleich der Andere das ja nicht wahrnehmen konnte. »Sprache und Gestik gehören einfach zusammen«, erklärt der Professor für Künstliche Intelligenz an der Technischen Fakultät der Universität. Kommunikation, meint er, benötige einen ausdrucksvollen Körper, »sie ist ein durch und durch verkörpertes Phänomen.«

Mit der verkörperten Kommunikation wird sich ab Oktober im Zentrum für interdisziplinäre Forschung eine neue Forschungsgruppe befassen. Die Leitung haben Wachsmuth und der Psychologe Prof. Dr. Günther Knoblich, Rutgers University in Newark. Eine hochkarätig besetzte Vorbereitungstagung, an der Neurologen, Psychologen, Philosophen, Robotiker und Anthropologen teilnahmen, bewies bereits: Das Thema fasziniert und ist von vielen Seiten zu beleuchten.
So wichtig die Sprache für den Menschen ist: Selbst von Angesicht zu Angesicht werden 65 Prozent der Bedeutungsinhalte nicht-verbal, sondern über Mimik, Gestik und die Intonation vermittelt. Und wenn Menschen nicht gestikulieren dürfen, fehlt eine wichtige Brücke zum Gegenüber und bleiben sie in ihren Mitteilungen abstrakter. »Dazu hat es Versuche mit Kindern gegeben, deren Hände in einen Muff gesteckt wurden und die dann Fragen beantworten sollten«, erklärt Manuela Lenzen, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsgruppe.
Auch die Entwicklung der menschlichen Kommunikation, die Primaten - vor allem die Schimpansen - und die Simulation durch Roboter wollen die Wissenschaftler in den Blick nehmen. Viel umfassender und flexibler als bisher vermutet, meinen sie heute, ist das Repertoire an Gesten. Gelernt werden Gesten und Bewegungen im sozialen Miteinander, und nicht selten liegen ihnen praktische Bewegungen zugrunde.
Ein Beispiel für Letzteres ist die Gestik eines Kindes, das auf den Arm möchte und seine Ärmchen hochreckt. Ursprünglich wollte es am Papa hochklettern - und lernte schnell, das der dann prompt reagierte. Ebenso lernen Affen, die mit Menschen aufwachsen, auf Dinge zu zeigen. Und ebenso wird ein Autofahrer im Dunkeln einen Jogger allein an den Leuchtstreifen der Schuhe erkennen - weil er menschliche Bewegungsabläufe gespeichert hat.
Gesten begleiten eine Erzählung, sie können Sprache korrigieren (wenn die Anweisung lautet »fahr links« und nach rechts gezeigt wird, wird der Fahrer eher nach rechts abbiegen), sie sind vielleicht die Grundlage der Sprache, die ursprünglich nur Lautmalerei war.
Damit Roboter von den Menschen irgendwann vielleicht als Sozialpartner akzeptiert werden, müssen sie daher auch mehr verstehen als nur Worte, sie müssen »humanoid« sein, eine Verbindung zur Außenwelt haben und Gesten nicht nur erfassen, sondern darauf auch reagieren können. Diese Verkörperung, stellte Luc Steels, Brüssel fest, bringe Vielfalt - aber auch vielfältige Probleme

Artikel vom 11.02.2005