02.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Amro-Bank blockiert geplante Rettung

Insolvenz der Walter-Bau AG gefährdet einschließlich Zulieferer 20 000 Arbeitsplätze

Augsburg (AP/Reuters/dpa). Der drittgrößte deutsche Baukonzern, die Augsburger Walter Bau AG, hat wegen Zahlungsunfähigkeit Insolvenz angemeldet. Sie steht nun vor der Zerschlagung. Einige Banken hätten das Sanierungskonzept und dringend notwendige Kredite blockiert, erklärte das Unternehmen gestern.

Auf vielen Baustellen des Augsburger Unternehmens kam die Arbeit zum Erliegen. Nach Angaben der Gewerkschaft IG BAU stehen bei dem Konzern, der unter anderem in Hannover eine Filiale unterhält, und seinen Zulieferern und Subunternehmen bis zu 20 000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Der Insolvenzantrag gilt zunächst nur für die Dachfirma Walter Bau AG, die mit 4500 Mitarbeitern vor allem im Hoch- und Tiefbau in Deutschland tätig ist. Die Beschäftigten bekommen jetzt drei Monate lang Insolvenzgeld von der Arbeitsagentur. Die 5000 Mitarbeiter bei den Tochterfirmen seien nicht direkt betroffen, erklärte das Unternehmen. Zum Insolvenzverwalter bestellte das Gericht den Augsburger Wirtschaftsprüfer Werner Schneider.
Nach wochenlangen Verhandlungen mit 27 Gläubigerbanken beantragte die Walter Bau AG gestern um 9.25 Uhr beim Amtsgericht Augsburg die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das sei »die letzte Chance, wesentliche Teile des Konzerns und die dazugehörigen Arbeitsplätze zu erhalten«, erklärte der Konzern. Die Mehrheit der Banken habe den Rettungsplan unterstützt, aber »die notwendige vorbehaltlose Zustimmung sämtlicher Finanzierer« habe nicht erreicht werden können.
Nach Angaben aus Finanzkreisen hatte die niederländische Großbank ABN Amro weitgehende Nachforderungen gestellt, die vom Poolführer Deutsche Bank als überraschend und schwer erfüllbar eingeschätzt wurden. ABN Amro habe entgegen mündlicher Zusage auf Vorstandsebene Forderungen erhoben. Die letzten Auflagen der ABN Amro hätten das Fass zum Überlaufen gebracht.
In Bankkreisen hieß es, die Liquiditätslücke sei am Ende größer gewesen als die genannten etwa 150 Millionen Euro. Es seien auch neue Risiken aufgetaucht. ABN Amro lehnte eine Stellungnahme dazu ab.
Die Verlängerung der lebenswichtigen Bürgschaften von 1,5 Milliarden Euro hatte eigentlich als sicher gegolten. Nur die Einigung auf eine kurzfristige Liquiditätsspritze stand noch aus. Walter Bau erklärte, die Entwicklung der vergangenen Wochen mit den langen Verhandlungen habe dem Geschäft massiv geschadet. Dadurch habe sich die Liquidität weiter verschlechtert. Offenbar blieben neue Aufträge aus. Auf Baustellen hatten zuletzt viele Lieferanten auf Vorkasse bestanden.
Das abrupte Scheitern der Rettungsbemühungen erinnert an die Pleite des Frankfurter Baukonzerns Philipp Holzmann, der vor knapp drei Jahren trotz staatlicher Hilfen zusammenbrach. Auch den damals zweitgrößten deutschen Baukonzern hatte das Sträuben einzelner Banken in die Insolvenz gestürzt. Zuletzt hatte sich schon ein strategisches Konzept für die Fortführung von Walter Bau abgezeichnet.
Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten ist Walter Bau vor allem auf dem schwierigen Inlandsmarkt aktiv. Auch deshalb rechnete der Konzern für das Jahr 2004 mit einem Rückgang der Bauleistung von knapp 3,1 auf 2,8 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr 2004 machte das Unternehmen vor Steuern und Zinsen einen Verlust von 29,4 Millionen Euro.
Die Wurzeln für den Konzern hat Ignaz Walter 1978 mit dem Erwerb der Augsburger Baufirma Thosti gelegt. Rasch wuchs das Firmengeflecht. Wichtig war 1999 bis 2001 die Fusion der Walter Bau mit den Schwesterunternehmen Heilit+Woerner und Dywidag. Zuletzt wollte sich Walter die Stuttgarter Züblin komplett einverleiben. Das Geschäft platzte aber.
Zu den Großprojekten des Konzerns gehört der Umbau des Berliner Olympiastadions und die LTU-Arena in Düsseldorf.

Artikel vom 02.02.2005