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»Nur Geduld führt bei Fluthilfe
zu einem langfristigen Erfolg«

WESTFALEN-BLATT-Gespräch mit Partnerschafts-Beauftragter Christina Rau

Von Wolfgang Schäffer
Bielefeld/Berlin (WB). »Bielefeld ist ein gutes Vorbild. Da laufen bereits eine Menge Aktivitäten in Sachen Partner- und Patenschaft nach der Tsunami-Katastrophe.« Für die Hilfsbereitschaft und das Engagement ihrer Heimatstadt hat Christina Rau (48), Frau des ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau, jede Menge Lob parat.
Christina mit Ehemann Johannes Rau, der sich derzeit von einer Erkrankung erholt.

Die Neujahrsansprache von Bundeskanzler Gerhard Schröder war es, die den Startschuss für das Projekt »Bielefeld hilft« gab. Schröder hatte damals Partnerschafts-Initiativen angeregt, um vom Seebeben verwüsteten Gebieten langfristige Perspektiven zu geben. Gehört, getan. Dem Aufruf der Stadt »Bielefeld hilft« folgten viele Bürger, Unternehmen und Einrichtungen. An die 100 000 Euro kamen seit Anfang Januar zusammen und damit den Menschen in der Katastrophen-Region zu Gute. Allerdings sehr gezielt. Über die Welthungerhilfe gehen die Gelder direkt in die Gebiete um Mullaittivu auf Sri Lanka.
Auch Christina Rau, als Christina Delius in Bielefeld geboren und bis 2004 First Lady der Bundesrepublik, hatte erstmals in der Schröder-Rede von der Partnerschafts-Idee gehört. »Als der Bundeskanzler mich wenig später angesprochen hat, ob ich bereit wäre, diesem Gedanken ein Gesicht zu geben, da musste ich nicht allzu lange überlegen. Ich habe mit meinem Mann darüber gesprochen und uns beiden war schnell klar, dass das eine gute Sache ist. Also habe ich zugesagt.« Im Gespräch mit dieser Zeitung warnte die 48-jährige allerdings vor zu großer Hektik bei der Umsetzung des Hilfsgedankens. Das habe sie bereits in den wenigen Tagen gelernt, seit sie offiziell als persönliche Beauftragte des Kanzlers für diese Fluthilfe-Initiative im Einsatz sei. »Wir müssen uns in Geduld üben. Das ist ganz wichtig.«
Mehr als 700 konkrete Partnerschaftsangebote von den unterschiedlichsten Einrichtungen wie Vereinen, Kliniken, Schulen, Universitäten oder Unternehmen aus Deutschland liegen nach Angaben von Christina Rau derzeit zur Bearbeitung und Vermittlung vor. »Auf der anderen Seite stehen dem aber gerade einmal 50 potenzielle Projekte in den Katastrophen-Gebieten gegenüber.« Gemeinsam mit den entsprechenden Stellen der betroffenen Länder vor Ort sowie den Fachleuten und Expertengremien hierzulande müssten nun nach und nach gezielt geeignete Möglichkeiten gesucht werden, wo und wie sich Partnerschaftsmodelle sinnvoll entwickeln könnten.
Wer nun denkt, rund um Christina Rau würde sich ein riesiger Mitarbeiterstab scharen, der wird enttäuscht. »Ich habe hier im Bundeskanzleramt ein Büro und die Zusage auf tatkräftige Unterstützung.« Die Mutter von drei erwachsenen Kindern (zwei Töchter, ein Sohn), hofft darauf, überall dort Rat, Informationen und Unterstützung zu bekommen, wo sie vorstellig wird. Die Kanzler-Aussage, die Hilfe sei Aufgabe der ganzen Regierung, könnte dabei so etwas wie eine »Sesam, öffne dich«-Wirkung haben.
Da Christina Rau weder an ein Ministerium noch an den interministeriellen Ausschuss, sondern direkt ans Kanzleramt angebunden ist, sollte es auch keinerlei »Eifersüchteleien« zwischen den Behörden geben. Die 48-jährige Enkelin des früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann jedenfalls ist mit viel Zuversicht an der Arbeit, um ihr Ziel zu erreichen: »Die Partnerschafts-Hilfe muss in der Praxis funktionieren - und zwar langfristig. Dafür müssen die richtigen Projekte und die richtigen Partner ausgewählt werden.«
Wie sehr sich Christina Rau für Dinge einsetzt, die ihr am Herzen liegen hat sie in der Vergangenheit immer wieder bewiesen. Ob als Schirmherrin für UNICEF Deutschland oder das Deutsche Müttergenesungswerk (traditionell mit der Rolle der First Lady verknüpft) oder aber in ihrem unglaublichen Engagement für in Not geratene Kinder zeigte sie eine bewundernswerte Unermüdlichkeit im Bestreben, zu helfen. Sicher ist deshalb, dass die gebürtige Bielefelderin mit ostwestfälischer Beharrlichkeit alles daran setzt, die Partnerschafts-Initiative erfolgreich zu gestalten und damit Flutopfern zu helfen.
Mehr als fünf Wochen nach der Flutkatastrophe in Asien ist die Zahl der Toten oder Vermissten im schwer getroffenen Norden der Insel Sumatra auf fast 236 000 gestiegen. 108 110 seien bestätigte Todesfälle, während das Schicksal von 127 749 Menschen weiterhin unklar sei, teilte das Nationale Tsunami-Zentrum in der indonesischen Hauptstadt Jakarta mit.

Artikel vom 02.02.2005