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Frauen aus der
Karibik gelockt

Prozess wegen Menschenhandels

Von Christian Althoff
Paderborn (WB). Ein 51 Jahre alter Betreiber einer Paderborner Seniorenwohnanlage hat versucht, seine finanzielle Lage durch Geschäfte im Rotlicht-Milieu zu verbessern. Seit gestern steht er wegen schweren Menschenhandels in Detmold vor dem Landgericht.

Friedhelm L. besitzt mehrere Immobilien. »Aber die Mieteinnahmen muss ich komplett in meine Seniorenwohnanlage stecken, die noch nicht bezahlt ist«, erklärte er gestern. Deshalb startete der zweimal geschiedene Geschäftsmann 2003 den Versuch, im Rotlicht-Milieu Fuß zu fassen. Er heuerte zwei Arbeitslose an und flog mit ihnen für zwei Wochen in die Dominikanische Republik. Josef N. (45), einer der Arbeitslosen: »Dort haben wir zwei einheimische Frauen geheiratet, um ihnen zu einem legalen Aufenthalt in Deutschland zu verhelfen.« Als Entlohnung für die Scheinehe habe ihm Friedhelm L. 300 Euro monatlich versprochen.
Eine der Frauen, die so in die Bundesrepublik kamen, ist Elvida N. (23). »In meiner Heimat hatte ich als Anwaltsgehilfin gearbeitet und umgerechnet 20 Euro im Monat verdient.« Als sie das Angebot bekommen habe, für zwei Jahre als Imbiss-Verkäuferin nach Paderborn zu gehen und deutlich mehr zu verdienen, habe sie nach Rücksprache mit ihren Eltern zugesagt: »Obwohl ich wegen der Papiere einen wildfremden Mann heiraten musste.« Sie habe Josef N. auf dem dominikanischen Standesamt zum ersten Mal gesehen.
In Deutschland brachte Friedhelm L. die beiden Frauen zunächst in einer Wohnung unter, wo sie bereits am zweiten Tag zum Sex gezwungen worden sein sollen. Dann mussten sie bei einem Notar in Büren ein Schuldanerkenntnis über jeweils 7500 Euro unterschreiben - zugunsten von Friedhelm L.
Diese Schulden sollten die beiden Frauen in Bordellen in Paderborn, Gütersloh und Brilon abarbeiten. »Niemals hätte ich meine Familie verlassen, wenn ich geahnt hätte, was mich hier erwartet«, sagte Elvida N. Sie entkam dem Rotlicht-Milieu erst, als ihren Schein-Ehemann Gewissensbisse plagten: »Ich habe mir 10 000 Euro geliehen und Elvida von dem Angeklagten freigekauft«, erklärte Josef N., der die versprochenen monatlichen 300 Euro übrigens nie bekommen hatte. Die zweite Frau aus der Karibik war im Zuge einer Bordellrazzia befreit worden.
Friedhelm L. war wegen der Tat bereits vom Landgericht Paderborn zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden, doch der Bundesgerichtshof hatte das Urteil wegen Verfahrensfehlern aufgehoben und nach Detmold verwiesen.
Dort droht dem Angeklagten neben einer Haftstrafe auch die Verurteilung zu Schmerzensgeldzahlungen. Rechtsanwältin Edda Knipker, die Elvida N. vertritt: »Wir fordern 7500 Euro.«
Der Prozess geht morgen weiter.

Artikel vom 01.02.2005