01.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Kapitän über Bord

SC Paderborn 07: Thijs Waterink bleibt suspendiert

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WB). War es tatsächlich grenzenlose Naivität, oder steckt Paderborns Kapitän Thijs Waterink doch viel tiefer im Sumpf um den Wett-Skandal? Wilfried Finke stellte sich gestern demonstrativ vor seinen holländischen Innenverteidiger: »Es gab an Waterink zu keinem Zeitpunkt eine Aufforderung zur Manipulation, also liegt auch kein Straftatbestand vor.«

Der Boss des Regionalligisten ist »menschlich tief enttäuscht«, suspendierte den 36-Jährigen bis zur endgültigen Klärung des Sachverhalts und schließt auch eine Kündigung nicht aus: »Wir betreiben hier keine Vorverurteilung. Erst wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen, werden wir im Präsidium eine Wertung vornehmen.«
Noch spricht Finke aber von einer Leistungsprämie, die man als Spieler nur »wie eine Provision versteuern müsse«. Auch habe der Geldbote, nach Aussage Thijs Waterinks, nicht probiert, den Abwehrspieler zu Täuschungsversuchen aufzufordern.«
In der ersten strittigen Szene spielte der Ex-Profi von Arminia Bielefeld allerdings eine Hauptrolle. Nach 35 Minuten, der HSV führte bereits 2:0, fiel Waterink nach einem Freistoß von Daniel Cartus im Hamburger Strafraum. Ein angebliches Foul von Christian Rahn, das nur der Berliner Schiedsrichter Robert Hoyzer gesehen hatte, führte zum Strafstoß. Guido Spork verwandelte, Emile Mpenza meckerte und sah »Rot«. Der, wie es Paderborns Trainer Pavel Dotchev damals ausdrückte, »Knackpunkt« im Spiel.
Ob Waterink mehr wusste, als er zurzeit zugibt und vielleicht aktiv an der Manipulation beteiligt war? »Alles Spekulation«, sagt Finke und fügt hinzu: »Das wäre Beihilfe zum Betrug. Aber so etwas ist erstens schwer zu beweisen, und zweitens gibt's für mich zurzeit keinen Anlass, an den Aussagen Waterinks zu zweifeln.«
Auch wenn der 53-jährige Vereinsboss noch zögert, im Umfeld des SC Paderborn 07 mehren sich bereits die Stimmen, die eine vorzeitige Trennung befürworten. »Egal wie die Sache jetzt ausgeht, er ist den Fans und den Sponsoren nicht mehr zuzumuten«, sagte ein Mitglied der SCP-Führungsriege. Der Sportliche Leiter Günther Rybarczyk erwartet eine Sperre vom DFB: »So oder so sollten wir uns darauf einstellen, dass uns Waterink zum Rückrundenstart nicht zur Verfügung steht.«
Der Kapitän, noch bis zum 30. Juni 2005 an den Verein gebunden, geht nach Lage der Dinge vorzeitig über Bord. Dabei sollte Waterink, der im Januar Vater einen Tochter wurde, ursprünglich in dieser Woche im Trainingslager auf Mallorca einen neuen Vertrag bis zum 30. Juni 2006 unterschreiben. »Mit dem SC Paderborn 07 in die zweite Liga aufsteigen, das wäre traumhaft«, äußerte sich Waterink noch am Freitagabend gegenüber dieser Zeitung. Auch Rybarczyk lobte die »rechte Hand des Trainers«: »Eine absolute Führungspersönlichkeit und einer, der wichtige Tore macht.« Fünfmal traf Waterink in der Regionalliga-Hinrunde - doch das ist Geschichte.
Zurzeit ist das Handy des Holländers abgeschaltet, laut Finke ist der Profi »an einem Ort, wo er seine Ruhe hat« und hat sich bereit erklärt, dem DFB bei der Aufklärung als Zeuge zu helfen.

Artikel vom 01.02.2005