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Leitartikel
Wetten und »Mauern«

Der DFB
trägt kräftig
Mitschuld


Von Klaus Lükewille
Immer mehr gleicht dieser Fußball-Wettskandal der Bestechungs-Affäre von 1971.
Was musste damals der DFB-Pressesprecher Dr. Wilfried Gerhardt nach den Vernehmungen eines Vorstandsmitgliedes des DSC Arminia Bielefeld feststellen?
Zuerst wusste der Mann gar nichts. Dann die Hälfte. Und am Ende alles.
Wie auf dem richtigen Platz, wenn Mannschaften unter Druck stehen: Da wird verteidigt und gemauert. Solange es geht - und dann ist es trotzdem oft zu spät.
Heute läuft dieses »Spiel« genauso wie 1971. Nur tröpfchenweise kommt die Wahrheit ans Licht. Das erste Geständnis. Das zweite Geständnis. Fortsetzung folgt.
Besonders bitter für die Fußball-Region Ostwestfalen, dass wie schon damals mit dem DSC Arminia Bielefeld jetzt wieder ein Verein verstrickt ist.
Der SC Paderborn, im August 2004 noch umjubelter Sieger in der ersten DFB-Pokal-Hauptrunde gegen den Hamburger SV, rückt inzwischen auch mit auf die Verliererseite.
Aber keine Sorge, diese Liste wird in den nächsten Tagen und Wochen immer länger werden. Hundertprozentig. Noch führt der Berliner Robert Hoyzer sie an, der geständige Ex-Schiedsrichter, der den Skandal auslöste.
Aber eigentlich gehört der Deutsche Fußball-Bund hier mit an die erste Stelle. Denn in einer verhängnisvollen Mischung aus Sorglosigkeit, Naivität und vor allem wohl aus Angst vor weitreichenden Enthüllungen haben die Herren in der Frankfurter Kicker-Zentrale in den vergangenen Monaten laute Signale überhört - oder gar nicht hören wollen. Immer nach der Devise: Es kann nicht sein, was nicht sein darf.
Nach dem Pokalspiel in Paderborn gab es von einigen Seiten in Richtung DFB eindeutige Hinweise auf ungewöhnlich hohe Wetteinsätze. Doch was passierte? Gar nichts. Und dann vor kurzem der »Fall« Oberhausen gegen Aue. Die Ermittlungen wurden eingestellt, schon nach nur einem Tag.
Jetzt, da die Wett-Wellen immer höher schlagen, spielen sie beim DFB natürlich den Ober-Staatsanwalt. Gefahr erkannt. Endlich! Nur leider viel zu spät.
Und wer dann noch geschwätzige Verharmloser und Abwiegler wie den Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder in Sabine Christiansens Fernseh-Runde schickt, der muss sich nicht wundern, wenn ein neuer Verdacht entsteht: So richtig wollen die da immer noch nicht ran. Schließlich soll bis zur Weltmeisterschaft 2006 der deutsche Rasen schön grün und vor allem wieder blitzsauber sein.
Opfer oder Täter? Der DFB hat sich in jedem Fall mitschuldig gemacht, indem er fahrlässig viel zu lange auf Zeit spielte. Mauern. Verteidigen. Nur nicht offensiv werden. Bloß nicht angreifen. Es könnte ja ein »Treffer« werden.
Und hier schließt sich der Kreis zum Jahr 1971. Auch damals gab es immer häufiger Hinweise auf seltsame Ergebnisse. Was aber machte der DFB? Er ließ die Saison weiterlaufen. Bis zum restlos verschobenen Ende.

Artikel vom 01.02.2005