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Kinder sollten nicht überfordert werden


Zu dem Artikel »Späteren Schulwechsel vermeiden - Kinder nicht überfordern« vom vergangenen Samstag ging folgende Zuschrift ein:

Eltern sind gut beraten, den Gutachten der Grundschulen, d.h., der Empfehlung für bestimmte weiterführende Schulen zu vertrauen. Dort, wo aus den verschiedensten Gründen solch ein Vertrauen einmal nicht gegeben ist, bietet sich zur eigenen Sicherheit ein Gespräch mit der Schulberatungsstelle an. Allen Beteiligten sollte das Wohl des Kindes an allererster Stelle am Herzen liegen.
Das jetzt verabschiedete, aber in seiner Umsetzung vor Ort noch nicht näher konkretisierte Schulgesetz zum Anlass zu nehmen, das eigene Kind auf jeden Fall zunächst einmal am Gymnasium anzumelden, könnte eine schlimme Fehlentscheidung sein. Die Realschulen der Stadt bieten auch weiterhin allen leistungsfähigen Kindern die Chance, über eine qualifizierte Fachoberschulreife den Weg zum Abitur zu finden, egal ob nach zwölf oder 13 Schuljahren. Nicht nur die Gesamtschulen werden ein großes Eigeninteresse daran haben, Realschulabsolventen die 13-jährige Abitur-Variante anzubieten, Schülerzahlen schlagen durch auf die Machbarkeit von Unterrichtsangeboten wie die Personalsituation und den Haushalt einer Schule.
Die Realschule bietet seit jeher mit Französisch eine zweite Fremdsprache an, ab dem Schuljahr 2006/07 schon ab Klasse 6. Auf Grund dieser Vorverlegung beginnt dann das besondere Wahlpflichtfachangebot der Realschule - viertes Hauptfach neben Deutsch, Englisch, Mathematik - mit der Klasse 7. Dieses vierte Fach kann - wie an unserer Schule - neben Französisch auch Informatik, Biologie oder Sozialwissenschaften sein. Wird ein Kind mit den Anforderungen des Gymnasiums nicht fertig, ist nach der 7. Klasse die Möglichkeit des Wechsels zur Realschule praktisch nur noch schwer möglich. Ohne Französisch als Fach am Gymnasium gehabt zu haben, ist die Integration eines Kindes in den Fächerkanon der Realschule in Frage gestellt, diesem Kind fehlt bereits ein Jahr des realschulspezifischen Wahlpflichtunterrichts.
Dazu kommt ein nicht minder schwerwiegendes Problem: Die Realschulen erleben leider zu oft, dass an den Gymnasien überforderte Kinder stark unter Misserfolgen gelitten haben und oft schulmüde sind. Je später ein Wechsel erfolgt, um so schwerer wird eine erfolgreiche Eingliederung. Der umgekehrte Fall, der positiv erlebte Neubeginn, tritt leider immer seltener ein.
Diese Problematik gilt natürlich auch für den Übergang von der Realschule zur Hauptschule, Hauptschule-Empfehlungen werden von den Grundschulkollegien schließlich nicht ausgewürfelt. Eltern sind daher gut beraten, ihr Kind nicht zu überfordern, sondern dort in den ersten Märzwochen anzumelden, wo ihr Kind seinen Fähigkeiten entsprechend am besten aufgehoben ist.
HEINZ-JÜRGEN SILLIGMANNSchulleiter Kuhlo-RealschuleBielefeld

Artikel vom 01.02.2005