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Bücherwände wehen
im Sturm hin und her

Folianten »türmen« sich deckenhoch im Ballett

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Buch reiht sich an Buch, die Folianten füllen die raumhohen Regale, sie zeigen sich sogar auf den Außenwänden des Mobiliars. Das Ballett »Der Sturm« spielt - in einer Bibliothek.

Bühnenbildnerin Friedrike Hölscher, in der zweiten Spielzeit als Assistentin am Theater Bielefeld engagiert, stattet nach »Tod in Venedig« ihr zweites »eigenes« Ballett aus. Die Idee, den »Sturm« in einer Bibliothek zu entfesseln habe Choreograf Philip Lansdale von Anfang an gehabt, erzählt Friedrike Hölscher: »Schließlich liebt Prospero seine Bücher mehr als das Regieren.« Bereits vor der Sommerpause habe die benötigte Tanzfläche - neun mal zehn Meter auf der Bühne des Theaterlabors Ñ festgestanden, dann habe sie sich daran gemacht, nach Bildern von Bücherwänden zu fahnden. Als das Theater einen Betriebsausflug zum Kloster Corvey und seiner Bibliothek unternommen habe, habe sie sich »ein wenig bestätigt« gefühlt beim Anblick der Reihen kostbarer Bücher dort. Ähnlich nämlich sieht jetzt die Bühne aus: Friedrike Hölscher wählte Schleier als »Malunterlage«. Darauf entstanden in den Werkstätten die Bilder von Tausenden von Büchern. Die Bühnenbildnerin versichert: »Einzelne Bücher kommen wohl mehrmals vor, aber niemals in der selben Zusammenstellung.« Jedes Buch sei einzeln bearbeitet worden. Friedrike Hölscher hat auch selbst mit Hand angelegt: »Das mache ich gern, und es ist gut, das Original zu sehen, nicht nur den Plan.« Schleier kämen der Inszenierung sehr entgegen: »Sie wehen im Sturm, sind, je nach Beleuchtung, blickdicht oder transparent.« Fast noch aufwändiger als die Kulissen sei die Tanzfläche selbst gewesen: Es musste ein Tanzboden verlegt werden, der nicht zu hart und nicht zu weich sein durfte, der sich aber auch nicht verschieben durfte, wenn die - echten - Regale gerollt werden. Friedrike Hölscher: »Zum Glück muss er nicht zwischen den Vorstellungen ausgebaut werden.«

Artikel vom 01.02.2005