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Schneller zum Abi - nicht ohne Probleme

Wechsel von der Realschule aufs Gymnasium erschwert

Von Michael Schläger
Bielefeld (WB). Nur noch acht Jahre bis zum Abitur und eine Abschlussprüfung nach Klasse 10: Die Neuerungen des gerade verabschiedeten NRW-Schulgesetzes bringen vor Ort zunächst einmal viele Probleme mit sich. Gut einen Monat vor den offiziellen Anmeldetermin für weiterführende Schulen in Bielefeld vom 2. bis 4. März gibt es noch reichlich offene Fragen - sowohl für Schüler und Eltern als auch für die Lehrer.

»Die Bielefelder Gymnasien werden das Abitur nach acht Jahren anbieten«, sagt Gerd Kranzmann, Leiter des Helmholtz-Gymnasiums und Sprecher der Bielefelder Gymnasialdirektoren. Das neue Schulgesetz sieht aber auch vor, dass es am Ort weiterhin die Möglichkeit geben muss, die Hochschulreife in 13 Jahre zu erwerben. Eine Aufgabe, die wohl die Oberstufen der Gesamtschulen übernehmen werden. Davon geht Veronika Rosenbohm, Chefin der Gesamtschule Brackwede, aus. Der Schulausschuss des Rates muss aber zunächst einen förmlichen Beschluss fassen.
Die dreijährige Oberstufe soll es weiterhin für Absolventen der Hauptschulen geben, die ein Abschlusszeugnis mit Qualifikationsvermerk erhalten haben. Auch Realschüler mit im Durchschnitt eher befriedigenden Leistungen sollen weiterhin drei Jahre in der Oberstufe büffeln, bevor sie das Abi machen können. Eine Sonderregelung wird es ebenfalls für jene Gymnasiasten geben, die nach der 10. Klasse erfolgreich eine Nachprüfung absolviert haben und doch noch in die »Elf« versetzt werden. Auch sie müssen eine dreijährige Oberstufe einplanen. Aber da jedes Gymnasium im Durchschnitt nur bis zu fünf solcher Fälle hat, ist offen, wo diese relativ kleine Gruppe zusammengefasst werden kann.
Rund 150 Realschulabsolventen wollen jedes Jahr in Bielefeld auch ihr Abitur machen. Der direkte Wechsel zum Gymnasium bleibt ihnen versperrt, wenn sie künftig nicht schon in der 6. Klasse die zweite Fremdsprache erlernen. Da an den Gymnasien ein Oberstufenjahr wegfällt, wird dort die letzte Möglichkeit, eine weitere Fremdsprache zu erlernen, ein Jahr vorverlegt - zu früh für die Realschüler. Die zweite Fremdsprache soll künftig schon von Klasse 6 an unterrichtet werden.
Als Grundlage für die Schulzeitverkürzung wird schrittweise der Unterricht in den einzelnen Jahrgangsstufen vom kommenden Schuljahr an ausgeweitet. Besonders »dicke« kommt es für die künftigen Zehntklässler, deren Stundenplan wohl 35 Wochenstunden umfassen wird und die eine Abschlussprüfung in Deutsch, Mathematik und einer Fremdsprache absolvieren müssen. Zu den 35 Stunden kommen noch die Hausaufgaben hinzu. Aus Kranzmanns Sicht eine hohe Belastung: »Wären die Schüler in der IG Metall, die die 35-Stunden-Woche propagiert, stünden die Zeichen wohl auf Streik.«
Und noch ein Problem zeichnet sich ab: 2013 machen landesweit gleich zwei Jahrgänge Abitur - die jetzigen und die künftigen »Fünfer«. Allein in Bielefeld dürfte es in acht Jahren rund 2000 Abiturienten auf einen Streich geben.

Artikel vom 29.01.2005