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Das Wort zum Sonntag

Von Prediger Roland Tober


Not lehrt beten, sagt man. Viele haben das erlebt. Sie haben Halt gefunden in notvollen Situationen. Ja, beten hilft. Nur ist es nicht immer so, dass Not beten lehrt. Not lehrt manche Menschen auch fluchen, wenn etwa furchtbares Leid über sie hereinbricht. Und was ist, wenn wir beten, aber die Wende zum Guten ausbleibt? Schmerzliche und bohrende Fragen können sich auftürmen: Wo ist denn Gott? Was muss ich tun, damit mich Gott erhört? Warum greift er nicht ein? Hätte ich noch mehr beten müssen? Hätte ich dieses oder jenes Unglück abwenden können, wenn ich nur »mehr« gebetet hätte? So entsteht ein unsagbarer Druck. Nein, es ist nicht so, dass unsere Gebete eine »bessere Wirkung« bei Gott erzielen, wenn wir unser Leistungsvermögen beeindruckend erhöhen und viele Worte machen.
Jesus hat einmal zu seinen Leuten gesagt: Wenn ihr betet, dann sollt ihr nicht plappern wie solche Leute die meinen, durch viele Worte Gott endlich zum Handeln bewegen zu müssen. So nicht! Wenn ihr betet, dann sollt ihr wissen, dass unser Vater im Himmel längst vorher weiß, wie es bei euch aussieht und was euch auf dem Herzen liegt - bevor ihr ihn bittet! (Matthäus 6, Vers 7 und 8) Auch wenn wir vieles nicht verstehen, keine menschlich klugen Erklärungen für Ereignisse haben, die wir nicht begreifen können: Gottes Wille geschieht. Oft provoziert gerade das unseren Widerspruch. Das darf und muss bei uns auch so sein.
Die gute Botschaft aber von Jesus Christus heißt: Ihr dürft eine enge Beziehung haben zu meinem lieben Vater im Himmel. Er will auch euer Vater sein. Ihn dürft ihr um alles bitten. Ihr dürft mit ihm über alles sprechen, über »Erklärbares« und völlig »Unerklärliches«. Es ist wie zwischen Eltern und Kindern. Vor allem kleine Kinder sagen ihren Eltern ganz selbstverständlich, was sie sich wünschen. Und die Eltern freuen sich darüber, wenn die Kinder mit ihnen sprechen. Manchmal haben die Eltern schon längst in weiser Voraussicht die Wünsche ihrer Kinder »geregelt«. Gelegentlich auch ganz anders als es sich die Kinder gedacht haben. Und so tut es auch unser Vater im Himmel mit seinen Kindern.
Und weiter: Unser Vater im Himmel überträgt seinen Kindern aus Liebe ein gewisses Maß Verantwortung. Obwohl er uns und unsere Gebete nicht nötig hätte, will er ohne uns und unsere Gebete nicht handeln. So wie »gute« Eltern ihren Kindern Verantwortung übertragen, damit sie wachsen und reifen, so überträgt uns unser Vater im Himmel Verantwortung für uns und die Menschen um uns herum. Doch in aller Verantwortung, die er uns überträgt, trägt er zuerst und zuletzt als unser Vater die ganze Verantwortung! Oft ist auf Hinweisschildern zu lesen: »Eltern haften für ihre Kinder!« Für Gottes Kinder gilt: Unser Vater im Himmel haftet für seine Kinder! Dies hat er uns durch seinen Sohn Jesus Christus fest zugesagt. Darum dürfen Sie und ich ganz zuversichtlich unsere von unserem Vater übertragene Verantwortung wahrnehmen. Darum: Beten Sie, schütten Sie ihm ihr Herz aus. Und nehmen sie gern die Verantwortung an, die Gott Ihnen anvertraut. Beten Sie für sich selbst und andere Menschen. Gott will nicht ohne Sie, er will mit Ihnen handeln! Beten hilft.

Artikel vom 29.01.2005