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»Das ist wie ein Sieg für mich«

Ski-WM: Florian Eckert überrascht mit Rang sechs im Super-G

Bormio (dpa). Florian Eckert ist wieder in der alpinen Weltklasse angekommen. In einem Autokorso fuhr der Überraschungs-Sechste des Super-G der Ski-Weltmeisterschaften in Bormio bei der Siegerehrung am Samstagabend mit den Medaillengewinnern auf die »Piazza Cavour« und fühlte sich dabei sichtlich wohl.

»Ja, das war sehr nett. Alle waren sehr freundlich zu mir«, sagte der 25-Jährige aus Bad Tölz nach kurzen Plaudereien mit Weltmeister Bode Miller (USA) oder dem enttäuschten Vierten Hermann Maier (Österreich). Seine beste Platzierung seit dem Trümmerbruch des rechten Schienbeinkopfes im November 2001 machte Eckert stolz, zumal sein Start wegen einer Grippe auf der Kippe gestanden hatte: »Vor dem Hintergrund ist das wie ein Sieg für mich.«
Der gelungene deutsche WM-Auftakt sorgte für gute Stimmung im deutschen Lager. »Hut ab vor dieser Leistung. Diese Steigerung hätte ich nicht erwartet. Er hat dafür gesorgt, dass es sensationell los geht«, sagte Cheftrainer Werner Margreiter, der allerdings über den 29. Platz von Andreas Ertl (Lenggries) und das Ausscheiden von Max Rauffer (Leitzachtal) weniger zufrieden sein konnte. Eckert schrammte hingegen nur um 0,46 Sekunden an Bronze und an einer erneuten Sensation wie in der WM-Abfahrt von 2001 vorbei.
Bode Miller sicherte sich seinen dritten WM-Titel nach den Erfolgen in Riesenslalom und Kombination vor zwei Jahren in St. Moritz. In 1:27,55 Minuten lag der 27-jährige Amerikaner vor den Österreichern Michael Walchhofer (1:27,69) und Benjamin Raich (1:28,23). »Das war ein großer Tag. Wenn das meine Kritiker beruhigt, schön. Wenn nicht, dann ist es mir auch egal«, kommentierte er gewohnt cool seinen Sieg. Mit seiner Einschätzung (»Das war der leichteste Super-G des Winters«) zeigte er nicht gerade Wertschätzung für die geschlagene Konkurrenz und die gesamte Veranstaltung.
Millers Sieg strafte seine Kritiker Lügen, die Müdigkeit und eine Formschwäche ausgemacht haben wollten. Nach einem überragenden Saisonauftakt, bei dem er als erster Skirennfahrer überhaupt vier verschiedene Disziplinen in nur 16 Tagen gewonnen hat, schien der Amerikaner zu schwächeln und die klare Führung im Gesamtweltcup schmolz dahin.
Sein letzter Saisonsieg datiert vom 13. Dezember. Andere wären nervös geworden, Bode Miller nicht: »Also eines muss ich Euch mal erklären, damit ihr das auch versteht«, sagte er den Journalisten. »Ich hatte nie ein Problem mit meiner Energie. Wer riskiert, macht Fehler. Es ist nicht so, dass ich mich schwach gefühlt habe.« Ein weitere WM-Titel bringt einen Bode Miller nicht aus der Ruhe: Bei der Siegerehrung beachtete er mehr seinen auf der Großbildleinwand gezeigten Lauf, als sich auf Hymne und US-Flagge zu konzentrieren.
Für die geschlagenen Österreicher, die seit März 1996 bei jedem Super-G immer das Podium erreichten, konnte auch ein vor der Pressekonferenz über Saalmikrofon gespielte Tiroler Marsch die Stimmung nicht aufhellen. Walchhofer und Raich waren mit ihren Platzierungen zufrieden, doch ein Sieg hatte die dominierende Ski- Nation eigentlich erwartet. Gerade Hermann Maier zeigte durch seinen lustlosen Auftritt in einer grauen Schlabber-Jogginghose, dass er sich bei der Siegerehrung neben dem Podium überflüssig fühlte. »Für mich hätte nur der Sieg gezählt«, sagte Maier, der erstmals bei einem Großereignis ohne Super-G-Medaille blieb.

Artikel vom 31.01.2005