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Zuerst kommt der Rock'n'Roll

Peter Kraus gastiert am 16. März im Ringlokschuppen

Bielefeld (WB). Der »deutsche Elvis« tourt durch die Republik: Peter Kraus, der ewigjunge Rock'n'Roller aus München, zu dessen immer wieder aufgelegten Hits »Sugar Baby«, »Kitty Cat« und »Schwarze Rose Rosemarie« gehören, gastiert am 16. März im Ringlokschuppen. Mit dem 65-jährigen Vollblutsänger sprach Matthias Meyer zur Heyde.

1957 war's, da haben Ihre Fans in der Wiener Konzerthalle die Stühle zertrümmert. Wie fänden Sie das, wenn das Publikum im Takte Ihrer Musik jetzt den Ringlokschuppen zerlegen würde?Peter Kraus (lacht): So was ist mir öfter passiert! Aber heute sind die Zeiten ein bisschen ruhiger geworden - doch wer weiß: Wenn viele Jugendliche vor der Bühne stehen, bin ich auf alles gefasst.

Sie mögen das, wenn die Oma mit dem Enkel zu Ihrem Konzert kommt?Peter Kraus: Klar. Was glauben Sie, was ich mit den Omas schon alles erlebt habe! Die standen auf den Stühlen und haben ihre Perlenketten über dem Kopf geschwungen!

Ein betörendes Bild. Shake, rattle and roll forever?Peter Kraus: Es kommt bestimmt noch besser: Meine neue Tournee ist ein reines Rock'n'Roll-Programm, merklich fetziger als alles, was ich bisher gemacht habe. Ich glaub' schon, dass da die Stimmung richtig hochkochen wird. Und als Zugabe bringen wir meine Schlager, aber auch ordentlich verrockt und verrollt.

Man merkt's, Sie pflegen Ihr Image als Rebell. In den 50ern der verruchte Hüftschwung - und was macht Sie in diesen Tagen aufmüpfig?Peter Kraus: Oje, da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Heute könnt' ich mich über alles aufregen . . .

. . . über die Politik zum Beispiel . . .Peter Kraus: . . . und die internationale Politik steht natürlich bei den Aufregerthemen keineswegs im Abseits. Gott sei Dank, bin ich ja ein wenig gescheiter geworden.

Zurück zur Musik: Unlängst haben Sie mit den »Comets«, der legendären Truppe um Bill Haley, gerockt. Wer war für Sie der Größte?Peter Kraus: Ich bin immer ein besonderer Fan von Bill Haley gewesen. Ich liebe es, wenn der Rock'n'Roll swingt, wenn der richtige Groove drin ist - und da steht Bill Haley an erster Stelle. Damit möchte ich aber nichts gegen Elvis gesagt haben. Little Richard dagegen hatte es schon weniger mit dem Swing und dem Groove.

Ihre aktuelle CD »Rock'n'Roll Is Back« klingt, als sei sie in den 50ern aufgenommen worden. Ist das Absicht?Peter Kraus: Ja, wenn ich schon ein Album mit den Songs rausgebe, die mir am meisten am Herzen liegen, sollte auch der Sound knackig sein. Vor allem ehrlich. Im Booklet der CD beschreiben wir, wie wir das hingekriegt haben - mit Mikrofonen und Instrumenten von damals. Das war eine lustige Zeit im Studio.

Die alten Kracher sind zu hören, »Roll Over Beethoven« und Fats Dominos »I'm Walkin'«, aber auch späte Songs wie »Rockin' All Over The World« von »Status Quo«. Beobachten Sie die Musik, die nach dem Rock'n'Roll kam?Peter Kraus: Zuerst kommt der Rock'n'Roll. Aber ich hab' immer ein Ohr an der modernen Musik. Als Musiker sollte ich mit den jungen Leuten mitfühlen können. Robbie Williams zum Beispiel ist ein Muss. Ich höre alles, bei dem der Sänger im Vordergrund steht. Wenn's nur noch um technische Abläufe geht, fünf Minuten lang ein künstlich erzeugter Riff und bumbum drumrum, dann find' ich das nicht so spannend.

Wie halten Sie sich fit für ihre Auftritte?Peter Kraus: Da gibt es eine ganz tolle Methode: Ich hab' mir ein kleines Trampolin gekauft, darauf laufe und springe ich herum, und zwar mit aufgesetzten Kopfhörern - immer im Takt der Musik. Das gibt ordentlich Puste, und gleichzeitig lerne ich die Texte auswendig. Ich will nämlich nicht mit einem Textbuch auf die Bühne steigen.

Sind die Texte zu den Songs wichtig für Sie?Peter Kraus: Klar, vor allem jetzt, wo ich endlich da weitermachen darf, wo ich mit 17 aufgehört habe.

Wie dürfen wir denn das verstehen?Peter Kraus: Ich hab' mit 15, 16 Jahren mit dem Rock'n'Roll angefangen. Mit 17 hatte ich den ersten Schallplattenvertrag, und da stand drin, dass ich auf deutsch singen müsste. Erst jetzt ist meine Musik wieder in jeder Hinsicht original.

Wo wir gerade bei den alten Zeiten sind: Sehen Sie eigentlich Conny Froboess noch, mit der Sie Filme gedreht haben, die heute Kultstatus genießen?Peter Kraus: Wir rufen uns ab und zu an. Sie lebt bei München, abgeschieden auf dem Lande, und ich wohne im Tessin. Außerdem ist Conny immer unterwegs - superfleißig, gerade hat sie in Salzburg auf der Bühne gestanden.

Würden Sie gerne wieder filmen?Peter Kraus: Natürlich. Aber Sie wissen ja, wie's in Deutschland so geht: Entweder einer ist Musiker, oder einer ist Schauspieler, und wo's mit dem Singen jetzt wieder so gut läuft, kommen Regisseure und Produzenten gar nicht auf die Idee, mich anzurufen. Und wenn doch, dann ist das Angebot wenig interessant. Ich hab' aber in einer Folge von »Schlosshotel Orth« mitgespielt, einen Fiesling, eine schöne Rolle - warten Sie mal bis zum Ende meiner Tournee, irgendwann danach wird die Folge ausgestrahlt.

Können Sie unseren Lesern eine hübsche Geschichte aus Ihrer Karriere vor der Filmkamera erzählen?Peter Kraus: Da gibt es viele, vor allem, wenn Heinz Rühmann beteiligt war. Ich erinnere mich an eine Szene aus dem »Pauker«, wo ich neben Rühmann am Autofriedhof entlanggehe. Das mussten wir zigmal drehen, weil Rühmann nie zufrieden war. Er gab erst Ruhe, als neben seiner Route ein Graben ausgehoben war, in dem ich lief - Rühmann mochte es nicht, wenn man merkte, wie klein er war.
Szenen, an denen Rühmann beteiligt war, mussten wir, bis alles passte, mit einem Double drehen, wovon niemand von uns jungen Burschen begeistert war. Dann erst stieg er aus seinem Wohnwagen. Ich wurde ihm vorgestellt, und dann hab' ich ihm einen Kinnhaken verpasst. Das stand so im Drehbuch!

Und Sabine Sinjen haben Sie einen Zungenkuss verpasst.Peter Kraus: Genau. Niemand hatte mir vorher mitgeteilt, was ein Filmkuss ist. Ich spiel' eben gerne ehrlich.

Was ist aus Ihrer Lieblingsfeindschaft mit Freddy Quinn geworden?Peter Kraus: Oh, den hab' ich kürzlich im Flugzeug getroffen, da hat er sich neben mich gesetzt, und wir haben nett geplaudert. Ich hab ihn zum wiederholten Mal gefragt, was er gegen mich hätte, und er behauptete, ich hätte ihm mal Prügel angedroht. Prügel! Ich bin doch nicht wahnsinnig - der Mann ist Bodybuilder! Und bei welcher Gelegenheit das passiert sein soll, wusste er auch nicht zu sagen.

Mysteriöse Geschichte. Aber Sie suchen doch die Herausforderung - und sei es bei Alleinfahrten durch das lebensfeindliche Death Valley.Peter Kraus: Klar. Im Dezember erst bin ich mit dem Jeep ohne Fremdenführer durch die Atacama-Wüste in Chile gefahren. Meine Frau Ingrid saß neben mir. Wir sind runter dann bis Kap Hoorn. Die Atacama, hab' ich festgestellt, ist so etwas wie das Ibiza Südamerikas - alles voll von chilenischen Aussteigertypen.

Begleitet Ihre Frau Sie auch auf Tournee?Peter Kraus: Klar. Das hält die Groupies fern.

Früher sollen öfter nach Ihren Konzerten hübsche Mädels unangemeldet in Ihrem Hotelbett gelegen haben.Peter Kraus: Das ist vorbei. Die Groupies rechnen sich keine Chancen mehr aus, wenn sie in der Zeitung lesen, dass meine Frau aufpasst.

Ich muss das ja nicht schreiben.Peter Kraus: Tun Sie es doch bitte. Ich bin nicht mehr so scharf auf die fremden Mädels in meinem Bett.

Artikel vom 29.01.2005