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Verletztes Kind
gewinnt Prozess

Nach Unfall soll »Fort Fun« zahlen

Von Christian Althoff
Bielefeld (WB). Fünf Jahre, nachdem einem Bielefelder Schüler im Freizeitpark »Fort Fun« der linke Unterarm abgerissen worden war, hat das inzwischen zwölfjährige Kind gestern den Schmerzensgeldprozess gegen den Park gewonnen.

Die Bielefelder Familie G. hatte im Juni 2000 einen Ausflug zum »Fort Fun« nach Bestwig im Sauerland gemacht. Dort setzten sich Vater Murat G. (34) und sein damals sieben Jahre alter Sohn Muhammet (7) auf einen Bob, um die 800 Meter lange Sommerrodelbahn hinunterzurutschen. »Nach 200 Meter flogen wir aus einer Steilkurve«, erinnert sich der Vater. Als er nach seinem Sohn sah, entdeckte er, dass dessen linker Unterarm oberhalb des Ellenbogens abgerissen war. Obwohl Chirurgen den Arm annähten und Nerven transplantieren wird der Junge Arm und Finger nie mehr vollständig bewegen können. Der Vater: »Die schalenförmige Rutschbahn war aus Asbestbeton. In der Kurve war ein dreieckiges Stück eingerissen und hochgeschlagen. Es hatte meinen Sohn wie ein querstehendes Messer getroffen und unseren Bob aus der Bahn geschleudert.« Diese Szene spielten die Prozessbeteiligten gestern vor dem Landgericht Arnsberg nach - mit einem Stück Regenrinne und einem Radiergummi. Die Kammer kam nach Anhörung der Gutachter zu der Überzeugung, dass die Rodelbahn nicht in einem verkehrssicheren Zustand gewesen war. Sie sei bereits eingerissen gewesen, bevor Vater und Sohn die Unfallstelle erreicht hätten, befanden die Richter. Die Betreiber hätten die Bahn nicht ausreichend kontrolliert.
Der Anwalt des Freizeitparkes hatte argumentiert, Vater und Sohn seien zu schnell gerutscht und hätten den Schaden an der Bahn erst verursacht. Diese These sei angesichts der Gutachten nicht haltbar, entschied das Gericht. Zur Höhe des Schmerzensgeldes (die Familie fordert 80 000 Euro) traf die Kammer keine Entscheidung: Sie soll gefällt werden, wenn das gestrige Urteil rechtskräftig ist. Denn der Freizeitpark kann in den nächsten vier Wochen beim Oberlandesgericht Hamm in die Berufung gehen. Die Rodelbahn ist übrigens seit einem Jahr stillgelegt - weil der Faserbeton krebserregendes Asbest enthalten hat.
Murat G. sagte gestern Abend: »Das Urteil gibt meinem Sohn ein wenig Selbstvertrauen zurück. Denn er leidet seit dem Unfall wegen seines kaputten Armes unter Minderwertigkeitsgefühlen.«

Artikel vom 28.01.2005